Es herrschte seltene Einigkeit. Jedenfalls unterstrichen alle Beteiligten, dass alle vier frankophonen Parteien auf einer Wellenlänge seien. CDH-Präsidentin Joëlle Milquet drückte es zum Beispiel so aus: "Wir haben festgestellt, dass die Einmütigkeit der drei Parteien, die bislang am Verhandlungstisch saßen, auf die vierte erweitert werden kann".
Ähnlich äußerten sich auch Elio Di Rupo für die PS und Jean-Michel Javaux für Ecolo. Im Klartext: die MR unterschreibe demnach im Wesentlichen das, was die drei anderen Parteien in den letzten sieben Monaten am Verhandlungstisch geltend gemacht haben, auch in Sachen BHV.
Die sogenannte Front der frankophonen Parteien scheint demnach noch zu existieren. MR-Chef Reynders hatte in den letzten Wochen und Monaten immer mal wieder indirekt unterstellt, die anderen drei würden die Interessen der Frankophonen opfern, verkaufen. Dieser Zwist scheint also jetzt offensichtlich begraben zu sein.
Wenn man will, kann man das auch als Zeichen dafür werten, dass Reynders es wirklich ernst meint und dafür mit den anderen auf "Schmusekurs" geht. Das Wort "Frankophone Front" wollte aber beispielsweise PS-Chef Elio Di Rupo nicht in den Mund nehmen.
Am Freitag die Flamen
Morgen sind die flämischen Parteien an der Reihe, um bei Reynders vorzusprechen. Eigentlich haben die flämischen Parteien nicht darum gebeten, gemeinsam empfangen zu werden. Jedenfalls könnte dann für Reynders schon die Stunde der Wahrheit schlagen. Reynders muss ja - wie eben ein klassischer Informateur - versuchen, Schnittmengen zwischen einzelnen Parteien zu ermitteln. Eventuell mit Blick auf eine neue Konstellation, die dann wieder Verhandlungen aufnimmt.
Entscheidend ist hier die Frage: Wie geht man vor? Reynders will anscheinend zweigleisig fahren. Man würde über die beiden Kernbereiche getrennt verhandeln: einmal über die Staatsreform, dann über das Sozial-Wirtschaftliche Programm der nächsten Regierung.
Die Frankophonen haben sich nicht abschließend dazu geäußert. Denn sie wissen: CD&V und N-VA wollen erst über die Staatsreform verhandeln. Erst, wenn da ein Abkommen unter Dach und Fach ist, würde man sich dem Sozial-Wirtschaftlichen zuwenden. Morgen wird Reynders also erst einmal heraushören müssen, wie groß der Wille bei den flämischen Parteien ist, wieder in Verhandlungen einzusteigen, und unter welchen Bedingungen.
Was Reynders braucht, ist vor allem irgend etwas Neues, irgendeine Öffnung. Wenn man jetzt sieht, wie sehr die frankophonen Parteien betonen, auf einer Wellenlänge zu sein, dann kann diese neue Entwicklung - wenn überhaupt - dann eigentlich nur aus Flandern kommen.
Was kommt nach Reynders?
Reynders will es jedenfalls anscheinend nicht bei diesen zwei kurzen Wochen belassen. Wie die Zeitung "Le Soir" erfahren haben will, hätte Reynders nichts dagegen, weiterzumachen. Allerdings: Wenn man das Kommuniqué des Palastes vom 2. Februar noch einmal liest, dann steht da, grob zusammengefasst: Reynders soll Möglichkeiten ausloten, wie man zu einem institutionellen Abkommen gelangen kann, alles inklusive, also BHV, Finanzierungsgesetz, Stärkung der Eigenverantwortung der Teilstaaten und Übertragung von großen Kompetenzpaketen vom Föderalstaat an die Gemeinschaften und Regionen. Da kann man sich fragen: wie soll da - nach vier Monaten absoluter Funkstille - die Öffnung aussehen, damit all das plötzlich möglich erscheint?
Eines erscheint irgendwie klar: Nach Reynders kann es eigentlich nur noch eins geben: Neuwahlen - ob man es nun will oder nicht, ob es nun sinnvoll ist oder nicht ...
Bild: belga