Arbeitsminister Pierre-Yves Dermagne (PS) arbeitet an einem Königlichen Erlass, der Muskel-Skelett-Erkrankungen stärker in den Mittelpunkt rückt. Das beratende Gremium von Arbeitgebern und Arbeitnehmern hat sich einstimmig dafür ausgesprochen. Denn Muskel-Skelett-Erkrankungen betreffen jedes Jahr 2,5 Millionen Belgier. Sie verursachen zusätzliche Gesundheitsausgaben in Höhe von drei Milliarden Euro und halten über 200.000 Belgier länger als ein Jahr von der Arbeit fern, schreibt Het Laatste Nieuws. Belgien ist jetzt das erste europäische Land, das dieses Problem mit einem eigenen Gesetz angeht.
Das bedeutet nicht, dass jeder Arbeitnehmer sofort einen neuen Bürostuhl bekommt, aber es bedeutet, dass die Arbeitgeber eine Risikoanalyse durchführen müssen, um so die Arbeitsumstände präventiv zu verbessern.
Das Gesetz soll auch ein Signal sein, damit Arbeitgeber nicht einfach Mitarbeiter wegen medizinischer Untauglichkeit aufgrund ihrer Rückenprobleme entlassen können, wie es bei Reinigungskräften und Bauarbeitern regelmäßig der Fall ist. "Nicht nur Bauarbeiter, Pflegekräfte oder Fließbandarbeiter sind es, die unter Rückenschmerzen und Arthrose leiden", sagt Maarten Hermans von der Christlichen Gewerkschaft ACV. "Es gibt viele Faktoren, die solche Erkrankungen verursachen, wie zum Beispiel sich wiederholende Bewegungen unter Zeitdruck, Stress oder durch den Aufenthalt in Zugluft."
Anpassungen mit einem Ergonomen besprechen
"Auch der teuerste Bürostuhl ist nicht der beste, wenn man ihn nicht an den Arbeitnehmer anpassen kann", sagt Stephan Tomlow, zuständig für Ergonomie beim Personaldienstleister Liantis, der an dem Gesetzentwurf mitgearbeitet hat. Es sei beispielsweise auch besser, die Installation eines Förderbandes vorher mit einem Ergonomen zu besprechen, um Probleme zu vermeiden. Es gibt auch immer mehr technische Hilfsmittel, die zu wenig bekannt sind. Im Baugewerbe gibt es zum Beispiel seit Jahren motorisierte Schubkarren, die zum Beispiel in den Niederlanden mehr verbreitet sind.
"Der Kodex 'Wohlbefinden am Arbeitsplatz' gilt für jeden Arbeitgeber", betont Gewerkschafter Maarten Hermans. Die Regierung wisse auch, dass kleine Unternehmen nicht über einen solchen Apparat mit Präventionsdienst verfügen wie große Unternehmen. "Aber laut Gesetzentwurf kann ein Arbeitgeber - auch wenn sein Betrieb noch so klein ist - die Sorgen der Arbeitnehmer nicht einfach ignorieren."
"Im Allgemeinen liegt die Verantwortung des Arbeitgebers am Arbeitsplatz. Dafür könnte er gegebenenfalls rechtlich haftbar gemacht werden", sagt Gewerkschafter Hermans. "Wenn gesundheitliche Probleme auftreten, muss es natürlich einen Zusammenhang mit der Arbeit geben. Wenn jemand einen Tennisarm bekommt, weil er in seiner Freizeit wie besessen Tennis spielt, soll der Arbeitgeber nicht dafür aufkommen müssen."
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