Man könnte meinen, dass die Bauern mit jedem Tag nur noch entschlossener werden. Viele von ihnen wollen "au finish" protestieren, wie es in Belgien gerne heißt, also bis ihre Kernforderungen wirklich erfüllt sind. Und eine Folge davon ist, dass die Verbände ihre Leute nicht so wirklich im Griff haben. Im Klartext: Es kommt immer wieder zu spontanen Aktionen, die nicht im Vorhinein angekündigt wurden und die dann die Ordnungskräfte und auch die Verkehrsteilnehmer auf dem falschen Fuß erwischen.
Genau das hatte auch schon die föderale Innenministerin Annelies Verlinden bedauert. Mit Blick auf die öffentliche Ordnung wäre es doch wünschenswert, wenn die Polizeidienste vorab über Aktionen in Kenntnis gesetzt würden. So könne man auch dafür sorgen, dass Menschen, die dringende medizinische Hilfe nötig haben, die möglichst schnell auch bekommen.
Dieser Appell ist aber doch ziemlich verhallt. Den ganzen Tag über "poppten" immer wieder Proteste auf. In Flandern galt das ganz besonders für den Großraum Antwerpen, wo wütende Bauern immer wieder den Verkehr auf den großen Achsen störten. Ein weiterer Schwerpunkt war der Hafen von Zeebrügge. Landwirte blockieren die meisten Zufahrtsstraßen - "und das für mindestens 36 Stunden", hieß es von einigen Teilnehmern.
Dem einen oder anderen reißt da auch schon der Geduldsfaden: Neben den Arbeitgebern rief auch der flämische Ministerpräsident Jan Jambon die föderale Innenministerin auf, dafür zu sorgen, dass vor allem Straßenblockaden möglichst schnell aufgehoben werden.
Das gleiche Bild am Dienstag in der Wallonie, wo ja die Proteste - zumindest in Belgien - ihren Anfang nahmen. Im südlichen Landesteil haben die Bauern auch schonmal angedeutet, was passieren kann, wenn sie richtig wütend werden. Die wallonische Umweltministerin Céline Tellier hatte sich am Montagabend in die Höhle des Löwen gewagt: Genau dort, wo protestierende Bauern das Autobahnkreuz Daussoulx blockierten, wollte die Ecolo-Politikerin der RTBF ein Live-Interview geben. Tellier wurde aber schon mit Buhrufen empfangen. In Sprechchören forderten die Bauern den Rücktritt der wallonischen Ministerin. Und auch das Interview kam kaum zustande, weil Tellier und damit auch die RTBF-Journalistin mit Eiern und Knallkörpern unter Beschuss genommen wurden. Der Reporterin blieb am Ende nichts anderes übrig, als das Interview abzubrechen.
Zwar wurde die Ministerin von Ordnungskräften eskortiert. Doch war die Situation einen Moment lang regelrecht auf Messers Schneide. Es gibt Pressefotos, auf denen zu sehen ist, wie Tellier regelrecht die Beine in die Hand nehmen muss.
Am Dienstag gab's dann aber ein schnelles Wiedersehen. Die Landwirte hatten in der Nacht die Blockade in Daussoulx aufgehoben und waren nach Namur weitergezogen. Dort belagerten sie das Parlament und auch die Amtsräume einiger Regionalminister, die auch Delegationen der Bauern empfingen.
Céline Tellier traf auch mit Vertretern der Jungbauern zusammen, also eben den Leuten, die sie am Abend zuvor so bedrängt hatten. "Naja, wir haben uns erstmal entschuldigt", sagte in der RTBF Florian Poncelet, der Vorsitzende des Verbands der Junglandwirte. "Es war dann doch nicht vorgesehen, der Ministerin derartig einzuheizen." Doch wirklich besänftigt hat das Gespräch die Jungbauern offenbar nicht. Nennenswerte Fortschritte könne er nicht vermelden, beklagte Poncelet.
Sowohl auf der regionalen als auch auf der föderalen Ebene hören die Bauern ohnehin quasi immer das Gleiche. Nach dem Motto: Nicht wir, sondern die EU ist zuständig. Aber wir versprechen euch, in den EU-Instanzen die Sorgen und Nöte der Landwirte aufs Tapet zu bringen.
Das wollen die Bauern aber auch selbst erledigen. Just an diesem Donnerstag findet in Brüssel ein außerordentlicher EU-Gipfel statt. Und diese Gelegenheit wollen die Landwirte beim Schopf packen. Einige von ihnen sind fest entschlossen, die Hauptstadt zu belagern und maximalen Druck auf die Staats- und Regierungschefs auszuüben. Einige Traktoren haben in Brüssel schon Stellung bezogen. Die Brüsseler Polizei warnt schon jetzt vor einem drohenden Verkehrschaos. Und hinter den Kulissen wird sich der eine oder die andere wohl auch auf einen möglichen Ernstfall einstellen.
Roger Pint
Das passiert, wenn Politik realitätsfern ist und man Menschen für dumm verkauft.
Hauptsache die Bauern wissen noch, warum sie protestieren.
Kein Berufsstand wird so stark subventioniert wie der Stand der Bauern.
Felder, Wiesen, Grund und Boden soweit das Auge reicht aber es reicht eben immer noch nicht.
Mehr haben wollen ist die Devise.
Streiken ist die neue Mode der Zeit!
Ungeahnt!