Warum schauen, hören oder lesen Menschen eigentlich beispielsweise Berichte über Unfälle, Katastrophen oder andere Unglücke? "Der entscheidende Grund ist meist Empathie", sagt Bram Vervliet, Professor für Psychologie an der KU Löwen, in der VRT.
Angesichts der Informationsflut, der die Menschen täglich ausgesetzt sind, konsumieren die meisten nur noch die Nachrichten, die ihnen besonders dringend erscheinen, wie Vervliet erklärt. Darauf richten sich natürlich auch die Nachrichtenmacher ein. Die logische Folge: immer beunruhigendere Schlagzeilen.
Die Welt sei im Niedergang, alles werde immer nur schlechter, die Gesellschaft habe überhaupt keine Chance gegen gewisse Entwicklungen - das sei der Eindruck, der oft durch Nachrichten vermittelt werde. Das könne das mentale Wohlbefinden durchaus beeinträchtigen, besonders bei dafür anfälligen Personen. Das könne sogar das Vertrauen in Gesellschaft und Institutionen untergraben. Und damit auch den Glauben daran, überhaupt irgendeinen Einfluss zu haben.
Verzerrtes Bild
Die potenzielle Folge: lähmende Angst und eine grundsätzlich fatalistische Einstellung - selbst wenn diese Wahrnehmung eigentlich gar nicht der Realität entspreche. "Langfristig betrachtet leben wir immer gesünder und länger", betont der Experte, "und haben eine immer bessere Bildung. Und zwar nicht nur etwa in Belgien, sondern global betrachtet."
Das eigentliche Problem sei also vor allem, dass positive Entwicklungen nicht genug berücksichtigt würden in der Berichterstattung. Beziehungsweise dass negative Nachrichten oft nicht ausreichend in den richtigen Kontext gesetzt würden. Gerade das sei für Laien aber extrem wichtig, um sie überhaupt korrekt einordnen zu können. Die Medien müssten hier also nachbessern, um der verzerrten Wahrnehmung entgegenzuwirken.
Kontrolle zurückgewinnen
Aber auch die Verbraucher selbst könnten aktiv werden. Nicht etwa, indem sie einfach ganz auf Nachrichten verzichteten, denn das könne zu einem Rückzug von der Gesellschaft führen und einem Verlust der Empathiefähigkeit anderen gegenüber.
Es gehe wirklich darum, die Kontrolle zurückzugewinnen über den eigenen Nachrichtenkonsum und um ein Gleichgewicht bei dem, was man konsumiere. Eine ganz praktische Empfehlung könne etwa sein, sich nur noch einmal am Tag mit Nachrichten zu befassen. Das könne ein Gefühl der Überlastung verhindern. Und dennoch bleibe man auf diese Weise informiert und ein Teil der Gesellschaft.
Boris Schmidt
Die entscheidende Frage lautet: Wer kann die Medien dazu zwingen, eine ausgeglichene, faire und neutrale Berichterstattung zu vermitteln?
Das kann nur der Eigentümer sein. Welcher Eigentümer ist neutral und fair? Reiche Privatiers - nein. Der Staat - wohl kaum. Die Aussichten - trübe.