"Wird sich Belgien der Genozid-Klage von Südafrika gegen Israel anschließen?", dreimal die gleiche Frage, dreimal aus dem Mund von Vertretern der Mehrheitsfraktionen. Besonders die linken Vivaldi-Parteien sind angesichts der anhaltenden Bombenangriffe auf den Gazastreifen empört, wollen den Druck auf Israel erhöhen, um zumindest eine humanitäre Feuerpause durchzusetzen. "Wie viele Palästinenser müssen noch sterben, wie viele Krankenhäuser müssen noch bombardiert werden, bis wir uns endlich bewegen?", fragte sich etwa der Groen-Abgeordnete Wouter De Vriendt.
"Wir können nicht länger tatenlos zusehen!", sagte auch Vicky Reynaert von den flämischen Sozialisten Vooruit. "Zugleich müssen wir aber mal genauer hinhören, nämlich auf die Worte einiger israelischer Regierungsmitglieder. Denn, was die so von sich geben, das sorgt dafür, dass die Gefahr eines Völkermords nur noch größer wird. Denn Worte sind nicht unschuldig. Seinen Gegner zu entmenschlichen kann furchtbare Folgen haben."
"Und hat Belgien nicht auch die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes unterzeichnet?", fragte sich unter anderem der PS-Abgeordnete Malik Ben Achour. Dieses Engagement zwingt uns dazu, jetzt zu handeln, eben, um einen Völkermord im Gazastreifen zu verhindern.
Das war der linke Flügel der Regierung. Auf der rechten Seite sieht man das ein wenig anders. Konkret: Die Liberalen appellieren für einen "realpolitischeren" Ansatz. "Wir müssen uns immer fragen, was wir unterm Strich erreichen wollen", sagten Vertreter von MR und OpenVLD. Die beiden blauen Fraktionen haben vor allem die belgische EU-Ratspräsidentschaft vor Augen. "Wenn wir wirklich was bewegen wollen, dann geht das nur, wenn wir so viele EU-Staaten wie möglich dazu bringen, eine gemeinsame Position einzunehmen, um Druck auf Israel auszuüben", sagte Egbert Lachaert von der OpenVLD.
Entsprechend müsse sich Belgien jetzt betont neutral aufstellen, eben um in seiner Vermittlerrolle glaubwürdig zu sein. "Und das geht bestimmt nicht, wenn unserer Entwicklungshilfeministerin nichts Besseres einfällt, als beschämende, um nicht zu sagen niederträchtige Aussagen von sich zu geben", wetterte der MR-Parlamentarier Michel De Maegd.
De Maegd meint natürlich Caroline Gennez, die Entwicklungshilfeministerin von den flämischen Sozialisten Vooruit, die mit besonders harschen Worten insbesondere Deutschland vor den Kopf gestoßen hatte.
Man hört es also: Die Vivaldi-Koalition ist einmal mehr tief gespalten.
Es oblag dem OpenVLD-Vizepremier und Justizminister Paul Van Tigchelt, auf all diese Fragen und Wortmeldungen zu antworten, da sowohl der Premier als auch die Außenministerin auf Auslandsbesuch in China sind. Erstens, so sagt Van Tigchelt: Belgien habe schon viel getan, mehr als viele andere, etwa indem man wiederholt eine humanitäre Feuerpause gefordert habe. Und zweitens: "Was die Genozid-Klage von Südafrika gegen Israel angeht: Sich dieser Prozedur anzuschließen, das ist zum jetzigen Zeitpunkt rechtlich unmöglich", sagt der Justizminister.
Und ja, die Föderalregierung nehme ihre Rolle als EU-Ratsvorsitzende sehr ernst, sagte Van Tigchelt. Man werde mit allen Mitteln versuchen dafür zu sorgen, dass die EU möglichst mit einer Stimme spricht.
"Naja, das kann ja heiter werden", hakte aber der N-VA-Fraktionschef Peter De Roover gewohnt zynisch ein. "Wie wollen Sie es denn schaffen, dass die EU eine gemeinsame Position einnimmt, wenn Ihnen das noch nicht mal innerhalb der eigenen Regierung gelingt?"
De Roover legt da einmal mehr den Finger in die Wunde: Die Vivaldi-Koalition ist mehr denn je gespalten. Und das nicht nur im Zusammenhang mit dem Krieg im Nahen Osten. Während der gesamten Fragestunde konnte man den Eindruck haben, dass es mit dem Burgfrieden endgültig vorbei ist. Jeder denkt offensichtlich nur noch an den 9. Juni.
Roger Pint
Die linken Parteien üben sich in traditionellem Antisemitismus. Das war schon immer so. Sie haben gemeinsam mit den Palästinensern, dass Ideologie wichtiger ist als praktische Politik, die das Leben der Menschen verbessert.
Die Hamas bleibt unerwähnt. Sie machen sich zu deren Handlanger.