
Gestern war PS-Chef Elio Di Rupo mit König Albert II zusammengetroffen. Bei seiner Ankunft in Schloss Laeken wurde Di Rupo fotografiert - und mit ihm ein Dokument, das in Teilen zu entziffern war.
N-VA-Chef Bart De Wever reagierte wenig später darauf, und zwar auf seine ganz eigene Art. Jetzt steht der Vorwurf im Raum, das Ganze sei inszeniert gewesen.
"Botschaft an den König"
Das Dokument mit dem Titel "Botschaft an den König" lag auf Di Rupos Schoß. Zu lesen: einige Vorschläge, die man im Wesentlichen schon kannte. Interessant war aber ein handschriftlicher Vermerk von Di Rupo: Die CD&V habe demnach am 5. Januar eine völlig inakzeptable Haltung an den Tag gelegt. Damit meint Di Rupo die Weigerung der CD&V, über die Kompromiss-Note von Vande Lanotte zu verhandeln. Di Rupo hat damit also nochmal klargemacht, wer für ihn der Hauptschuldige an der Misere ist: die flämischen Christdemokraten von der CD&V.
Wenig später fuhr dann Bart De Wever vor dem Palast vor. Und dann gab es wieder ein Foto vom Beifahrersitz. De Wever hatte die Geschichte vom Vormittag wohl mitbekommen und auf seine Art reagiert. Und da hat er wirklich Kreativität an den Tag gelegt. Was die Fotografen da zu sehen bekamen, hat für allgemeines Gelächter gesorgt.
"Curieuzeneuzemosterdpot"
Auf dem Schoß von De Wever kann man zwei Dinge erkennen. Zunächst einen tragbaren Computer, auf dem besagtes Pressefoto von Di Rupo zu sehen ist. Und dann eben noch ein Din-A-4 Blatt mit einem ebenfalls handschriftlichen Vermerk.
In roter Tinte steht da in Blockbuchstaben eine Wortschöpfung, die wohl gute Chancen hat, in Flandern zum Wort des Jahres zu werden. Es ist ein Zungenbrecher: "Curieuze-neuze-mosterd-pot". Frei übersetzt: "Senftöpfe sind nichts für neugierige Nasen".
Diese Geschichte sorgt jetzt für mächtig Diskussionen. Elio Di Rupo wird vorgeworfen, dass er es darauf angelegt hat, dass die Fotografen exakt dieses Foto ergattern. Und dieser Verdacht liegt nahe. Es ist nämlich beileibe nicht das erste Mal, dass so was passiert.
Berühmte Präzedenzfälle
Zum Beispiel das ominöse "Quid N-VA" von Jean-Luc Dehaene. Nach der Wahl 2007 war Dehaene kurzzeitig Informateur und hatte einige Gedanken zu Papier gebracht. Ein Fotograf hat die Notizen fotografiert - und da stand unter anderem "Quid N-VA", wo sich also Dehaene indirekt die Frage stellte, ob das Kartell CD&V-N-VA halten würde. Dieses Foto mit besagter Notiz hatte damals innerhalb des Kartells für erhebliche Spannungen gesorgt.
Ein Fortis-Verantwortlicher ist auch mal in diese Falle getappt. Es gab ein Pressefoto von einem Strategiepapier, das er unter dem Arm trug. Der Inhalt, der streng geheim war, stand dann auch am nächsten Tag in der Zeitung. Di Rupo selbst bzw. seiner Kabinettschefin ist das auch mal passiert. Die hatte schon eine Rücktrittserklärung von Di Rupo auf dem Schoß, als von einem Rücktritt noch überhaupt keine Rede war.
Also: Jeder sollte inzwischen wissen, dass man wichtige Papiere von den Linsen der Pressefotografen fernhält. Und gerade Elio Di Rupo gilt ja als Kommunikations-Profi.
Was könnte Di Rupo bezweckt haben?
Dass die Frankophonen die N-VA, aber vor allem die CD&V, für die Misere verantwortlich machen, ist ja nicht wirklich neu. Di Rupo wollte das wohl noch einmal ganz deutlich machen. Es gibt da ja auch noch die Geschichte, wo Laurette Onkelinx in einer Fernseh-Diskussion einen CD&V-Kollegen hart angegangen ist. In den Zeitungen machen seit einigen Tagen Fotos die Runde, auf denen es so aussehen könnte, als zeige Onkelinx dem CD&V-Mann den Mittelfinger. Das wurde freilich dementiert.
Aber wenn Di Rupo es wirklich darauf angelegt hat, dass die Notiz bekannt wird, dann um wirklich nochmal klarzumachen: Die PS ist stinksauer auf die CD&V.
Wie ist die Reaktion von De Wever zu verstehen?
Für De Wevers Reaktion gibt es verschiedene Interpretationen. Die einen sagen, da hat De Wever einfach nur einen Witz gemacht, mit den Fotografen Katz und Maus gespielt. Andere sehen hier gleich wieder eine unterschwellige Botschaft, nach dem Motto: "Was Du kannst, kann ich auch - bitte Schluss mit den Spielchen".
Dieser letzte Satz wird im Übrigen von vielen Leitartiklern geteilt. Die Brüsseler Tageszeitung "Le Soir" und auch "Het Laatste Nieuws" finden das alles jedenfalls gar nicht lustig und appellieren an alle Protagonisten, doch bitte endlich mit dem Theater aufzuhören.
Angesichts der derzeitigen politischen Lage weiß man langsam aber sicher wirklich nicht mehr, ob man lachen oder weinen soll ...
Roger Pint - Bilder: Eric Lalmand (belga)