Child Focus ist vielen vielleicht vor allem ein Begriff im Zusammenhang mit vermissten Kindern. Aber zu den Aufgaben der Stiftung gehört auch der Kampf gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern. Deswegen überrascht es auch nicht, dass Child Focus am Montag bekanntgegeben hat, als Zivilpartei auftreten zu wollen in verschiedenen Prozessen rund um den Besitz und die Verbreitung von kinderpornografischem Material über das Internet - darunter auch in einem möglichen Prozess gegen Sven Pichal. Dafür hat Child Focus gleich mehrere triftige Gründe, erklärt Geschäftsführerin Heidi De Pauw in der VRT.
Einerseits gehe es Child Focus darum, den vielen hunderttausend oft unidentifizierten missbrauchten Kindern vor Gericht ein Gesicht und eine Stimme zu geben. Andererseits sei das aber auch ein Weg, um auf dem Laufenden zu bleiben über die Trends und Entwicklungen in der Kinderschänder-Szene.
Ein ganz wichtiger Punkt ist aber auch die Sensibilisierung der Bevölkerung - und da spielen medienwirksame Fälle wie der von Pichal natürlich eine essenzielle Rolle. Man müsse den Menschen klarmachen, dass Kindesmissbrauch auch in Belgien vorkomme beziehungsweise hier lebende Menschen betreffe, betont De Pauw - und zwar nicht nur, was Verdächtige und Täter angeht, sondern auch ihre Opfer.
Die Kinder, die für die Fotos und Videos missbraucht würden, stammten nicht immer nur aus fernen Ländern, es seien oft auch Kinder aus der Nachbarschaft oder die auf die gleichen Schulen wie die eigenen Kinder gingen.
Keine Ausnahme
Der Child-Focus-Geschäftsführerin ist in diesem Kontext vor allem auch noch eine andere Botschaft wichtig: Der Fall Pichal ist keine Ausnahme. Der Besitz, die Verbreitung, das Suchen nach kinderpornografischem Material - all diese Straftaten seien weiter verbreitet, als viele Menschen glaubten.
Allein Child Focus erhalte rund 2.000 Meldungen über entsprechendes Bildmaterial pro Jahr - und das sei nur die Spitze des Eisbergs. Experten gingen davon aus, dass Bildmaterial über Kindesmissbrauch Tag für Tag bis zu 19 Millionen Mal geteilt werde. Diese Straftaten spielen sich nicht etwa nur in bestimmten, schwer zugänglichen Ecken des Internets ab wie dem "Dark Web". Nein, die Täter nutzen dafür auch ganz offen und unverschlüsselt Alltags-Apps. WhatsApp zum Beispiel sperre pro Monat 300.000 Benutzerkonten wegen der Verbreitung von kinderpornografischem Material.
Dann sei da noch das Problem mit den Klischees. Die Vorstellung von Kinderschändern als seltsamen Gestalten in schäbigen Mänteln, die ihre Opfer mit Süßigkeiten lockten, entspreche nicht der Realität. Die Profile überführter Täter zeigten, dass es sich oft um nach außen hin ganz normale und unauffällige Menschen handele, also etwa Nachbarn, Kollegen oder Personen aus dem engeren Umfeld. In 80 Prozent der Missbrauchsfälle bei Kindern seien die Täter im Bekanntenkreis zu finden, erinnert De Pauw.
Man wisse also, dass man es mit einem Problem zu tun habe, das sehr weit verbreitet sei und gegen das hart vorgegangen werden müsse.