Es geht um Zahlungsrückstände in Millionenhöhe, also kein Pappenstiel. Und es sollen sich in den letzten Monaten immer mehr unbezahlte Rechnungen angehäuft haben. Wobei unklar ist, um wie viele Millionen es eigentlich insgesamt geht. Die Zeitung Le Soir hat am Mittwoch über "Dutzende Millionen" geschrieben, De Standaard schätzt am Donnerstag, dass sich die noch offenen Rechnungen auf rund zehn Millionen Euro belaufen, De Tijd meldet unter Berufung auf eigene Quellen dann aber wieder die Zahl 20 bis 30 Millionen Euro. Wie man sieht, gehen die Schätzungen also stark auseinander. Die föderale Polizei selbst will keine Zahlen oder Details nennen.
Zu den unbezahlten Rechnungen sollen unter anderem Rechnungen von Informatikexperten und externen Beratern, also Consultants, gehören. Aber die Föderale Polizei soll auch Autohäuser noch nicht für Dienstwagen bezahlt haben. Und es ist sogar die Rede davon, dass die Energierechnungen nicht beglichen worden sind.
Die Löhne der Polizeibeamten sollen nicht betroffen sein. Von so etwas oder anderen Punkten, die die tatsächliche Einsatzbereitschaft der Föderalen Polizei beeinträchtigen könnten, ist zumindest bisher noch keine Rede gewesen. Von der Sprecherin der Föderalen Polizei hieß es dazu sinngemäß, dass sich die Beamten keine Sorgen machen müssten und die Löhne normal gezahlt würden.
Es wirft aber natürlich ein denkbar schlechtes Licht auf die Polizei, wenn ausgerechnet ihr Gläubiger im Nacken sitzen. Die Föderale Polizei und auch die Innenministerin haben sich deshalb schon zu einer Reaktion genötigt gesehen. Alle Rechnungen würden natürlich bezahlt werden, wenn auch leider eben verspätet, heißt es. Man werde alles tun, um die notwendigen Mittel aufzutreiben. Außerdem soll eine spezialisierte Einheit ab sofort sämtliche Ausgaben der Föderalen Polizei strengstens überwachen.
Für die unbezahlten Rechnungen führt die Föderale Polizei vor allem äußere Faktoren an, also Faktoren, auf die sie keinen Einfluss hat. Und das sind, nennen wir es "alte Bekannte" wie die Corona-Pandemie und die Inflation infolge des Ukraine-Kriegs. Die Föderale Polizei sagt, dass die zu unvorhergesehenen Preissteigerungen geführt haben und auch zu Lieferverzögerungen. Diese Lieferverzögerungen hätten dazu geführt, dass Rechnungen nicht wie ursprünglich gezahlt worden seien und sich nun eben angehäuft hätten.
Zweites großes Argument der Polizei ist, dass sie der Kampf gegen die Drogen- und Cyberkriminalität viel mehr Geld kostet, auch die Digitalisierung sei teuer. Und dann sind natürlich auch noch die kräftig gestiegenen Personalkosten, die natürlich wieder mit der Inflation und dadurch der Lohnindexierung zu tun haben. Und schließlich wird natürlich auch immer wieder auf die chronische Unterfinanzierung der Polizei hingewiesen. Auch das in dem Sinne also nichts Neues.
Es ist klar, dass irgendetwas passieren muss und langfristig Abhilfe geschaffen werden muss. Aber was passieren soll, das scheint im Moment eher sehr vage. Erstmal soll jetzt im September ein Aktionsplan besprochen werden mit den zuständigen Ministern. Die Föderale Polizei selbst verlangt eine Erhöhung ihres Budgets. Die Innenministerin will aber noch keine Zusagen machen. Es wäre aber nicht unlogisch, wenn sie das Thema bei der nächsten Haushaltsdebatte der Föderalregierung im Herbst auf den Tisch legen würde. Denn letztlich scheint das Ganze ein Problem zu sein, dass nur auf politischer Ebene gelöst oder zumindest entschärft werden kann.
Boris Schmidt