Alexander De Croo ist durchaus stolz. "Das ist ein Erfolg für die belgische Diplomatie", sagte der Premierminister am Montagvormittag im Radio der RTBF und wird es sicher auch im Nachmittag in der Kammer noch das ein oder andere Mal wiederholen.
Vier Europäer konnten Gefängnisse im Iran verlassen, allen voran natürlich der Belgier Olivier Vandecasteele. Wegen ihm hatte Belgien überhaupt erst seine Bemühungen begonnen, mit dem Iran über eine Freilassung von inhaftierten Europäern zu verhandeln.
Von vornherein sei es dabei darum gegangen, nicht nur Vandecasteele frei zu bekommen. "Wir wollten schon immer so viele unschuldige Gefangene wie möglich befreien", sagte De Croo am Montagmorgen. "Ganz klar lag dabei natürlich unsere Priorität auf Olivier Vandecasteele. Und er wurde ja auch als erster befreit. Aber schon damals galt die Vereinbarung, dass noch weitere Personen befreit werden sollten."
Mit der Forderung nach der Freilassung von noch anderen Europäern habe Belgien auf die Anfragen von anderen Regierungen reagiert, erklärte De Croo weiter. Die hätten Belgien kontaktiert und gesagt: Wenn ihr schon einmal mit dem Iran diskutiert - wir haben auch Landsleute, die unschuldig im Iran im Gefängnis sitzen. Wenn ihr also die Möglichkeit seht, auch diese Menschen zu befreien… "Und diese Anfragen haben wir uns von Anfang an zu Herzen genommen."
Die Öffentlichkeit erfuhr von diesen zusätzlichen Verhandlungen allerdings erst, als die drei Gefangenen - ein Däne und zwei Österreicher - am vergangenen Freitag tatsächlich freigelassen wurden und abends auf dem Militärflughafen Melsbroek bei Brüssel aus dem Flugzeug stiegen.
So geheim dieser Coup bis zum Schluss gehalten wurde, so transparent habe man die Befreiung Vandecasteeles in die Wege geleitet. So sieht das zumindest der Premier. Dabei bezieht sich De Croo auf die parlamentarische Debatte, die es vor rund einem Jahr zu den möglichen Versuchen Belgiens gegeben hatte, Vandecasteele aus dem Iran zu holen. Am Ende stand dann ein neues Gesetz, dass den Austausch von Gefangenen mit dem Iran tatsächlich ermöglichen sollte.
Größter Streitpunkt in der Diskussion war damals der Iraner, der im Gegenzug zu Vandecasteele aus dem Gefängnis freigelassen werden sollte. Der Iraner war in Belgien ja wegen Terrorverdachts zu einer langen Haftstrafe verurteilt. Saß laut belgischer Meinung also zurecht im Gefängnis. Vandecasteele dagegen zu Unrecht. Darf man einen solchen Deal machen?
De Croo ist auch stolz auf diese Diskussion, die damals im Parlament geführt wurde. Zwar wurde letztlich ein anderes Instrument zur Freilassung von Vandecasteele angewendet, als das neue Gesetz. Aber damals habe man sich eben mit der schwierigen Frage auseinandergesetzt, mit dem Dilemma, vor dem Belgien stand. Damals habe sich eine politische Mehrheit dafür finden lassen, den Gefangenenaustausch mit dem Iran zu machen. Der jetzt erfolgte Austausch sei damals quasi bewilligt worden, findet De Croo.
Ob die Parlamentarier das alles genauso sehen, ist fraglich. Mindestens 17 Abgeordnete wollen dem Premier ab 17 Uhr in der Kammer ihre Fragen stellen. Die Kontroverse um den umstrittenen Gefangenenaustausch zwischen Belgien und dem Iran geht dann in seine nächste Runde.
Kay Wagner