Sie haben es geschafft: Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter fanden letzte Nacht zu einem Kompromiss für ein neues Rahmentarifabkommen für gut 2,5 Millionen Beschäftigte in der Privatwirtschaft.
Was den Politikern im Land seit den Wahlen vom Juni letzen Jahres nicht gelingen will, die Sozialpartner bekamen es hin, einen Kompromiss nämlich. Und das trotz schwieriger Ausgangsbedingungen, denn für Lohnerhöhungen, und um die geht es im Kern solcher Verhandlungen, war der Spielraum minimal.
Und doch gossen Gewerkschaften und Arbeitgeber gerade so viel Wasser in ihren Wein, das der geschmacklich nicht völlig neutralisiert wurde und für jeden genießbar blieb. Allen Parametern, die durch die leeren Kassen beeinflusst werden, trage der Entwurf zum neuen Rahmentarifabkommen Rechnung, kommentierte der Vorsitzende des Unternehmerverbandes FEB, Thomas Leysen, den Kompromiss.
Zwei Monate hatten die Sozialpartner an einem konsensfähigen und für beide Seiten akzeptablen Abkommen gearbeitet. Herausgekommen ist ein Lohnzuwachs von 4,2 %, verteilt über das laufende und das kommende Jahr. Alleine durch ein Festhalten an der Indexierung, also der Bindung der Einkommen an die Lebenshaltungskosten, steigen die Bezüge der betroffenen Beschäftigten, verteilt über 2011 und 2012, um 3,9 %. Reale Lohnerhöhung also: 0,3 %.
Einigen konnten sich die Sozialpartner auch auf eine schrittweise Harmonisierung des Statuts von Arbeitern und Angestellten. Dieses Thema war, zusammen mit der Lohnnorm, zum Kern der Diskussionen der Verhandlungspartner geworden. Eingeflossen in den Entwurf sind auch Passagen zu Frühruhestandsregelungen oder zum Arbeitslosengeld.
Reaktionen
Für die CD&V beweist der Erfolg der Verhandlungen den Mehrwert der sozialen Konzertationen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft werde dadurch gestärkt.
Open-VLD-Präsident De Croo forderte die politischen Unterhändler auf, sich an den Sozialpartnern ein Beispiel zu nehmen.
Beschäftigungsministerin Milquet nannte die getroffenen Beschlüsse nützlich, um so mehr, da die Krise noch nicht überwunden sei.
Enttäuscht zeigte sich der Unternehmerverband Agoria über die Beibehaltung der Index-Bindung. Wohl unterstrich der Sprecher des Verbandes, dass zum ersten Mal die Thematik der Index-Bindung in einer Vereinbarung festgehalten worden sei, ebenso wie die Absicht, den Mechanismus näher zu untersuchen.
Bei der FGTB-Gewerkschaft heißt es, die Gewerkschaftsführung habe ihr Möglichstes getan, nun sei es an der Basis, eine abschließende Entscheidung zu treffen.
Bild: belga