Antabuse verursacht in Kombination mit Alkohol Hautausschläge, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sowie Atemnot. Und das sind wohlgemerkt erwünschte Wirkungen. Denn viele Alkoholiker nutzen die Pille, um sich vom Alkohol fernzuhalten. Weil sie einfach wissen: Danach geht es mir richtig schlecht. Wie viele Patienten es genau sind, weiß man nicht. Das Medikament wird von der Krankenkasse nicht erstattet.
Dass Betroffene das Medikament nicht mehr bekommen können, sei eine Katastrophe, sagen Selbsthilfeinitiativen. Sie wissen aus Gesprächen, wie wichtig das Medikament für einige ist, um vom Alkohol abzuschwören. Manche nehmen es täglich ein, andere zu besonderen Anlässen, wenn sie etwa zu einer Feier gehen, auf der Alkohol ausgeschenkt wird. Die Psychiatrie-Professorin Frieda Matthys von der Freien Uni Brüssel sagte der Zeitung De Standaard, dass das Medikament für manche den Unterschied zwischen Funktionieren und Rückfall ausmache. Auch die belgische Arzneimittelbehörde hält Antabuse für unverzichtbar, sagt aber auch, man könne ein Unternehmen nicht zwingen, ein Produkt auf dem Markt zu lassen.
Warum Sanofi das Präparat vom Markt nimmt, ist nicht bekannt. Eine klare Aussage von Sanofi gibt es nicht dazu. Experten haben aber Vermutungen. Und demnach sind zwei Gründe entscheidend. Zum einen ist der Rohstoff für das Medikament nur noch schwer zu bekommen. Sanofi stellt ihn nicht selbst her, sondern ist von Lieferanten abhängig. Das mache eine stabile Versorgung schwierig, heißt es. Zum anderen enthält Antabuse relativ viel Nitrosamin. Das ist eigentlich ein Abfallprodukt, eine Verunreinigung, die bei der Herstellung von Medikamenten entsteht. Nitrosamin gilt als krebserregend, wenn man es über einen längeren Zeitraum einnimmt. Da will Sanofi wohl auf Nummer sicher gehen und die Kunden nicht gefährden.
Die Alternativen sind begrenzt. Apotheker können das Medikament noch aus Ländern importieren, wo es von anderen Pharmafirmen vertrieben wird. Oder sie könnten die Tabletten auch selbst herstellen. Das dürfte allerdings schwierig sein, denn der Wirkstoff ist auch für Apotheker derzeit kaum erhältlich. Und die Gesundheitsgefährdung, die Sanofi ausschließen will, wäre ja auch noch gegeben. Da muss dann jeder entscheiden, was das größere Risiko ist: dem Alkohol zu verfallen oder die unerwünschten Nebenwirkungen des Medikaments in Kauf zu nehmen.
destandaard/okr