"Tous ensemble" - "Alle zusammen" ziehen die Gewerkschaften weiterhin gegen die Umstrukturierungspläne der Direktion der Supermarktkette Delhaize zu Felde. Viele Märkte werden nach wie vor bestreikt. Es ist schon jetzt der längste Arbeitskampf, mit dem das Unternehmen jemals konfrontiert war.
Der Protest richtet sich ja gegen die Umstrukturierungspläne der Direktion. Delhaize will sich von allen noch verbleibenden 128 betriebseigenen Filialen trennen. Die sollen also an selbstständige Franchisenehmer verkauft werden, die dann auch das Personal übernehmen sollen. "Ohne Entlassungen und bei gleichen Bezügen", verspricht die Delhaize-Direktion. Doch weiß jeder, dass das, wenn überhaupt, dann nur für eine erste Phase gelten wird.
Die Gewerkschaften lehnen die Pläne denn auch kategorisch ab. Doch auf der anderen Seite rückt auch die Direktion keinen Millimeter von ihrer Position ab. Entsprechend redet man also aneinander vorbei. Und das wurde am Dienstag noch einmal deutlich, bei der inzwischen schon dritten außerordentlichen Betriebsratssitzung seit Bekanntgabe der Umstrukturierungspläne. Nach rund einer Stunde war das Treffen schon wieder vorbei.
"Die Direktion hat uns wieder die gleiche Leier runtergebetet", sagte Myriam Djegham von der christlichen Gewerkschaft CNE. "Wieder hat man uns erklärt, dass die Konzessionierung der 128 Märkte im Grunde die einzige Alternative ist." Das ist genau der Punkt, sagt auch der CSC-Kollege Cédric Claeys. "Die Direktion bleibt stur auf Kurs. Da werden keine möglichen Hintertüren geöffnet. Man spürt, dass die Konzessionierung beschlossene Sache ist. Wir hingegen", so sagt Claeys in der VRT, "wir fordern, dass das Management von dem Plan absieht".
Es liegt also eine Pattsituation vor. Das konnte auch die Direktion nur feststellen. Deswegen hat sie beim zuständigen föderalen Wirtschaftsminister Pierre-Yves Dermagne die Benennung eines Sozialschlichters beantragt. Der soll also zwischen Geschäftsführung und Gewerkschaften vermitteln. "Schön und gut", sagte in der RTBF Myriam Delmée von der sozialistischen SETCa. "Wir werden natürlich hingehen. Wir haben schließlich nie eine Politik des leeren Stuhls praktiziert. 'Vermitteln' setzt aber voraus, dass beide Seiten von ihren ursprünglichen Positionen abrücken und Kompromissbereitschaft an den Tag legen. Genau das ist aber bei der Delhaize-Direktion bislang nicht zu erkennen."
Genau dieser Eindruck, also, dass die Direktion ihre Pläne eins zu eins durchziehen will, scheint sich in den Augen der Gewerkschaften am Mittwoch nochmal bestätigt zu haben. Das Management hat sich nämlich schriftlich an das Personal gewandt. In der Hausmitteilung heißt es anscheinend, dass sich für jede der 128 Filialen, die die Direktion verkaufen will, schon mindestens ein Übernahmekandidat gemeldet hat. Die Delhaize-Direktion beschreibt auch schon das Prozedere, das angewandt werden soll: Jeder Übernahmekandidat werde begleitet, um einen möglichst reibungslosen Stabwechsel gewährleisten zu können. Und auch danach werde man die selbstständigen Franchisenehmer bei Bedarf noch weiter unterstützen, heißt es in dem Schreiben.
"Das ist nochmal eine weitere Provokation", schimpft Myriam Delmée von der sozialistischen Gewerkschaft SETCa. "Die Direktion führt seit Beginn einen regelrechten Kommunikationskrieg. Man versucht mit allen Mitteln, die Aktionen der Gewerkschaften und der Mitarbeiter zu diskreditieren. Die Botschaft lautet hier ganz klar: 'Das, was ihr da gerade auf dem Terrain veranstaltet, das ist vollkommen sinnlos'." Man merkt es schon: Beide Seiten graben sich mit jedem Tag nur noch tiefer in ihren jeweiligen Positionen ein. Die Direktion denkt offensichtlich nicht ans Einlenken, und die Gewerkschaften sind wild entschlossen, ihre Proteste fortzusetzen. Koste es, was es wolle.
Roger Pint