Das Datum 17. April ist nicht zufällig gewählt, denn es markiert den Start für die Sektorenverhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die alle zwei Jahre stattfinden. Und die Forderungen, die die Gewerkschaften auf den Tisch legen, lassen auf jeden Fall aufhorchen: Sie wollen nämlich eine Harmonisierung der Arbeitsbedingungen und Gehälter zwischen allen paritätischen Ausschüssen des Sektors. Anders gesagt: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit sei ein Grundrecht – und außerdem einfach logisch, betonte etwa Kristel Van Damme von der ACV Puls in der Fernsehsendung "De zevende dag".
Alle Menschen, die in Delhaize-Supermärkten an der Kasse stünden oder Regale befüllten, müssten das Gleiche verdienen, unabhängig davon, bei wem sie nun angestellt seien, sprich unabhängig davon, ob es sich um betriebseigene oder konzessionierte Märkte handelt. Das gelte auch für die Arbeitszeiten, Urlaubsregelungen und was einen flexibleren Einsatz durch den Arbeitgeber betreffe.
Selbe Regeln im Non-Food-Sektor
Aber die Gewerkschaften haben ihr Ziel mittlerweile wie gesagt höher gesetzt als nur Delhaize. Denn sie wollen, dass die Regeln, die im Lebensmittelhandel gelten, auch auf den Non-Food-Sektor angewandt werden. Also beispielsweise auch auf Menschen, die in Bekleidungsgeschäften arbeiten. Wobei das wohlgemerkt keine wirklich neue Forderung ist, dieses Dossier einer sektorweiten Harmonisierung kommt seit rund 30 Jahren auf den Tisch – ohne dass sich beide Seiten je hätten einigen können.
Und daran wird sich, zumindest wenn es nach dem Einzelhandelsverband Comeos geht, auch nichts ändern, wie Dominique Michel, Geschäftsführer des Verbands, im Interview mit Radio Eén erklärte. Man habe bereits ein mehr oder weniger funktionierendes System für konzessionierte Geschäfte. Es mache also überhaupt keinen Sinn, das System großer Geschäfte auch den anderen, den kleinen auferlegen zu wollen. Dem werde man niemals zustimmen, so Michels kategorische Antwort.
Zur Begründung verweist der Comeos-Geschäftsführer auf die in seinen Augen ohnehin schon schwierige Lage des Einzelhandels: Die Preise hierzulande seien bereits höher als in den Nachbarländern und die Gewinnmargen sehr klein, wegen der Steuern und der Lohnkosten. Nicht zu vergessen, dass aus diesen Margen auch noch Investitionen bezahlt werden müssten, etwa für Innovationen und mehr Nachhaltigkeit.
Wettbewerbsfähigkeit erhalten
Die Gewerkschaften wollten die Wettbewerbsfähigkeit belgischer Unternehmen noch schlechter machen, kritisierte Michel. Denn genau das bedeute es, wenn die Kosten noch weiter stiegen und die Flexibilität der Betriebe weiter eingeschränkt werde. Das sei einfach nicht machbar, dann fahre der Sektor gegen die Wand – was im Übrigen ja bereits geschehe.
Comeos fordere ebenfalls schon seit mehr als zehn Jahren eine Anpassung der Systeme zur Sozialen Konzertierung – um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern wohlgemerkt! Alle Geschäfte, ob nun im Food- oder Non-Food-Bereich, müssten die Freiheit bekommen, sich an Entwicklungen anzupassen, um Jobs zu erhalten.
Die Forderungen der Gewerkschaften hingegen gefährdeten Arbeitsplätze, so der Comeos-Chef, und hier gehe es mit insgesamt 500.000 Angestellten um den größten Sektor des Landes. Die Aufgabe von Comeos und der Gewerkschaften müsse doch sein, dafür zu sorgen, dass die Menschen morgen noch gute Jobs hätten, so Michel, das sei also das, worüber gesprochen werden müsse. Wobei seine Definition von "gut" sich offenbar doch deutlich von der der Gewerkschaften unterscheidet.
Boris Schmidt