Startschuss zur Sensibilisierungswoche für sehbehinderte und blinde Menschen: Wie jedes Jahr möchte die Braille-Liga auf die besonderen Bedürfnisse dieser Menschen in einer Kampagne-Woche aufmerksam machen. Wobei es eigentlich zwei Wochen sind: von Montag bis einschließlich Sonntag, 2. April.
Neu und besonders in diesem Jahr ist die Veröffentlichung einer Umfrage. 664 sehbehinderte und blinde Menschen hat die Braille-Liga nach ihrem Mobilitätsverhalten im öffentlichen Raum befragt. Die bislang letzte Erhebung dieser Art wurde vor zehn Jahren gemacht. Und im Vergleich zu vor zehn Jahren kann Sylvie Degrelle, Pressesprecherin der Braille-Liga, etwas Positives berichten. "Vor zehn Jahren", sagte sie am Montagvormittag bei der RTBF, "waren es sieben von zehn sehbehinderten oder blinden Menschen, die täglich oder fast täglich ihre Wohnung verlassen hatten. Heute sind es fast neun von zehn. Das heißt, dass es mehr geworden sind, und darüber freuen wir uns natürlich sehr."
Sich im Freien zu bewegen, das birgt für sehbehinderte und blinde Menschen viele Hindernisse. Hindernisse, die auch für sehende Menschen bestehen, aber nicht so groß sind, weil sehende Menschen die Hindernisse eben sehen und ihnen einfach ausweichen können.
Das ist für sehbehinderte und blinde Menschen um ein Vielfaches schwieriger. Löcher im Gehweg, Werbetafeln, Abfallsäcke oder auch "nur" Hundedreck gehören zu den immer wieder genannten Hindernissen, über die sich sehbehinderte und blinde Menschen beklagen. Platz eins in dieser Liste nehmen die E-Roller und E-Scooter ein, wobei Sylvie Degrelle präzisiert: "Das Problem sind nicht die E-Roller, sondern die Menschen, die die E-Roller benutzen. Sie fahren oft zu schnell und sind sich nicht darüber bewusst, dass es auch Menschen auf den Bürgersteigen gibt, die sehr schlecht oder gar nicht sehen können. Die werden dann von E-Rollern manchmal gestreift oder sogar umgefahren."
Neben dem Fahren gibt es noch ein zweites großes Problem mit E-Rollern und E-Scootern. "Das ist das Parken, das Abstellen nach der Nutzung", sagt Degrelle. "Oder besser gesagt: Wie man die Roller schlecht parkt, wenn man sie zum Beispiel mitten auf dem Gehweg stehen lässt."
Weshalb ein besseres System zum Abstellen von E-Rollern und -Scootern auch Forderung Nummer eins der Braille-Liga ist. "Das ist wirklich ein Aufruf an den Bürgersinn", betont Degrelle. "Geben Sie bitte acht, hören Sie damit auf, E-Roller mitten auf dem Gehweg abzustellen oder genau vor einem Hauseingang oder auf taktilen Bodenleitsystemen. Das würde vielen helfen, und nicht nur Sehbehinderten und Blinden, sondern auch Menschen in Rollstühlen oder Eltern mit Kinderwagen."
Weitere Forderungen hat die Braille-Liga für ihre Aktionswoche anhand der neuen Umfrage in fünf Prioritäten formuliert. Dazu gehören mehr Hilfen auf den Gehwegen wie zum Beispiel akustische Ampelsignale, mehr Bodenleitsysteme, bessere Beleuchtung bei Dunkelheit. Mehr Informationstafeln in der Blindenschrift Braille - von der die Liga übrigens ihren Namen hat -, akustische Ansagen der Haltestellen in öffentlichen Verkehrsmitteln und anderes mehr wünscht sich die Braille-Liga, damit sich sehbehinderte und blinde Menschen noch sicherer fühlen können, wenn sie sich aus ihrer Wohnung trauen und am mobilen Leben der Gesellschaft teilnehmen wollen.
Kay Wagner