Samstagmorgen im limburgischen Houthalen. Es ist 1:30 Uhr in der Früh. Supermarktbetreiber Hasan Y. ist zusammen mit einer Angestellten noch mit der Buchhaltung beschäftigt. Plötzlich hört er ein Geräusch, das aus den Geschäftsräumen im Erdgeschoss zu kommen scheint. Hasan Y. schaut nach dem Rechten. Er trifft auf einen Einbrecher, es kommt zu einem Handgemenge.
Beide sind mehr oder weniger notdürftig bewaffnet: Der Einbrecher fuchtelt anscheinend mit etwas herum, das wie ein Schraubenzieher aussieht, Hasan Y. greift nach dem Erstbesten und hat ein Messer in der Hand. Er wird später angeben, dass er sich durch den spitzen Gegenstand in der Hand des Einbrechers bedroht gefühlt habe.
Fakt ist, dass er zusticht und den Eindringling verletzt. Der sackt recht schnell in sich zusammen. Hilfskräfte, die kurze Zeit später am Tatort eintreffen, können nichts mehr für ihn tun. Der Mann stirbt noch im Supermarkt. Wie sich später herausstellt, handelt es sich um einen 36-jährigen Mann aus dem nahegelegenen Lummen. Laut Medienberichten stammt er ursprünglich aus Amsterdam und war der niederländischen Polizei einschlägig bekannt.
Für Hasan Y. ist der Albtraum aber noch nicht vorbei. Noch in der Nacht wird er festgenommen und stundenlang verhört. Ein Untersuchungsrichter erlässt Haftbefehl wegen Verdachts auf Totschlag. Der 48-Jährige landet erstmal hinter Gittern.
Notwehr oder nicht?
Handelt es sich nicht eigentlich um einen Fall von Notwehr? Für eine definitive Qualifikation sei es noch zu früh, sagte Tom van Overbeke, Anwalt von Hasan Y., am Montag in der VRT. Der genaue Tathergang müsse noch ermittelt werden. Aber natürlich werde auch in diese Richtung ermittelt. Er werde auf jeden Fall auf Notwehr plädieren.
Was man auch wissen müsse: Es sei bereits das zweite Mal innerhalb von wenigen Monaten, dass im Supermarkt seines Mandanten eingebrochen wurde, wird der Anwalt von einigen Zeitungen zitiert. Was natürlich nicht bedeute, dass sein Mandant den Ausgang der Geschichte nicht zutiefst bedauere. Er habe das so nie gewollt. Er werde auch so gut es eben geht mit den Justizbehörden zusammenarbeiten, versichert der Anwalt in der VRT.
Hasan Y. ist jedenfalls laut Medienberichten nicht aktenkundig. Allenfalls als Opfer taucht er in Polizeiberichten auf.
Solidaritätsbekundungen
In der Region gibt es derweil viele Solidaritätsbekundungen für den Supermarktbetreiber. Am Montagabend fand eine Mahnwache statt, an der rund 100 Menschen teilgenommen haben. Er sei auch schon drei Mal Opfer von Einbrechern geworden, sagte ein Geschäftsmann aus Hasselt in der VRT.
Er könne Hasan verstehen. "Die Konfrontation mit einem Einbrecher, das ist kein Pappenstiel. Denn niemand weiß, wozu ein Einbrecher imstande sein kann. Für dasselbe Geld stehen wir hier und müssen Hasans Tod betrauern." Natürlich sei das insgesamt eine tragische Geschichte. Nur sei er der festen Überzeugung, dass Hasan aus Notwehr gehandelt habe.
Das Ganze erinnert an den Fall des Juweliers Wouter Tyberghien aus Harelbeke. Der war 1999 von vier Einbrechern überfallen worden. Als die Täter flüchteten, schoss er 13 Mal auf die Männer, einen von ihnen traf er in den Rücken. Er wurde später des Totschlags für schuldig befunden - weil er, als er die Schüsse abgab, nicht mehr unmittelbar bedroht wurde.
Im Fall Hasan Y. wird sich noch zeigen müssen, ob von Notwehr die Rede sein kann oder nicht. Anscheinend ist der Supermarkt gespickt mit Überwachungskameras, deren Bilder können womöglich Aufschluss liefern.
Eigentlich sollte die zuständige Ratskammer von Hasselt am Dienstag entscheiden, ob der Haftbefehl gegen Hasan Y. verlängert wird. Sein Anwalt hatte aber um eine Woche Aufschub gebeten, weil einige zentrale Informationen noch fehlten, die seinen Mandanten entlasten könnten. Die Ratskammer gab dem Antrag statt. Allerdings muss Hasan Y. jetzt auch eine Woche länger im Gefängnis bleiben.
Roger Pint