Der Anwalt des Mannes ist seinerseits davon überzeugt, dass hier "viel Lärm um nichts" gemacht werde. Walter Van Steenbrugge vertritt Peter C., den 46-jährigen Tatverdächtigen aus Lommel. Er war am Samstagabend auf dem Parkplatz des Vergnügungsparks Plopsaland in De Panne aufgegriffen worden. Nicht zufällig, vielmehr war landesweit nach dem Mann unter Hochdruck gefahndet worden. Die Polizei hatte nämlich einen Tipp bekommen, wonach Peter C. angekündigt habe, dass er bei der Miss-Belgien-Wahl "eine Schießerei plane". Nach Informationen der Zeitung Het Laatste Nieuws kam dieser Hinweis von einem niederländischen Privatdetektiv. Woher der das wusste, ist nicht bekannt.
"Ja, wir haben einen Tipp bekommen", bestätigte jedenfalls Eric Van Duyse, der Sprecher der Föderalen Staatsanwaltschaft. "Es gab Informationen, wonach jemand einen Anschlag auf den Miss-Belgien-Wettbewerb verüben wolle. Ein Verdächtiger konnte identifiziert und in De Panne festgenommen werden." Gerade noch rechtzeitig, könnte man sagen. Denn diese Miss-Belgien-Wahl fand ja eben in den Räumlichkeiten von Plopsaland De Panne statt, wo Peter C. schon geparkt hatte. Er war an Bord eines Mietwagens mit deutschem Kennzeichen, den die Polizei unter anderem mit Hilfe von Verkehrskameras ausfindig gemacht hatte.
Dass es offensichtlich "fünf vor zwölf" war, zeigt sich spätestens bei der Durchsuchung des Fahrzeugs des Verdächtigen: Zwei Waffen werden sichergestellt, eine geladene Glock-Pistole und ein Jagdgewehr. Und dann noch mal zusätzlich fünf Magazine mit jeweils 15 Schuss. Außerdem finden die Ermittler eine kugelsichere Weste sowie Verbandszeug und ein Präparat, um Schusswunden zu behandeln. Und, besonders besorgniserregend: Der Mann ist im Besitz zweier Tickets, die ihm also Zugang zu der Miss-Belgien-Wahl gegeben hätten. Der Mann wird festgenommen. Und auch seine Begleiterin, eine Niederländerin, die am Montag aber wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. Das Gebäude wird erst mal geräumt. Man will sicherstellen, dass der Mann nicht irgendwo eine Bombe oder noch zusätzliche Waffen versteckt hat. Mit mehreren Stunden Verspätung kann die Miss-Belgien-Wahl am Ende dann aber doch noch stattfinden.
Gegen Peter C. wird Haftbefehl erlassen, wegen versuchten terroristischen Mordes. "Wir haben Grund zu der Annahme, dass der Mann tatsächlich einen Anschlag auf den Miss-Belgien-Wettbewerb verüben wollte", sagt Eric Van der Sypt, der Sprecher der Föderalen Staatsanwaltschaft. "Unsinn", erwidert Walter Van Steenbrugge, der Anwalt des Verdächtigen. Sein Mandant habe nicht die Absicht gehabt, einen Anschlag zu verüben, nicht einmal eine Straftat. Er verfüge über einen gültigen Waffenschein. Und, juristisch gesehen, sei der Vorwurf gegen seinen Mandanten unbegründet: Wenn man von einer "versuchten Straftat" spricht, dann muss der Beschuldigte zumindest schon mal damit begonnen habe, was im vorliegenden Fall ja nicht passiert sei. Mit dieser Frage wird sich die zuständige Ratskammer frühestens am Donnerstag beschäftigen. Dann steht nämlich der erste Haftprüfungstermin an.
Bei den Veranstaltern des Miss-Belgien-Wettbewerbs sitzt der Schock tief. "Mein Gott, kaum auszumalen, was passiert wäre, wenn hier ein bewaffneter Mann reingestürmt wäre. Das Ganze hat sich angefühlt wie ein Horrorfilm", sagte in der VRT die Direktorin Darline Devos. "Hinzu kommt", sagt Darline Devos: "Ich frage mich die ganze Zeit schon, ob der Mann es letztlich auf uns abgesehen hatte. Aber alle sagen mir: 'Nee, nee, hier ging's wohl um einen Spinner, der ins Fernsehen wollte'." Also, sie wüsste schon gerne Näheres über die Motive des Mannes.
Auch die Polizei- und Justizbehörden stellen sich die Frage nach den Motiven des Mannes. Laut ersten Informationen soll der Verdächtige unter psychischen Problemen leiden. Sein Anwalt behauptet dagegen, dass sein Mandant einen aufgeräumten Eindruck gemacht habe. Hier sind also noch viele Fragen offen.
Roger Pint