Über 200 Tage nach der Parlamentwahl zeichnet sich auf föderaler Ebene immer noch kein Ausweg aus der verfahrenen Situation ab. In Erwartung einer neuen Initiative des Königs erneuerten die Parteien in den Sonntagssendungen des Fernsehens ihre Standpunkte.
Die flämische N-VA ist jetzt dazu bereit, die geschäftsführende Regierung Leterme aus der Opposition heraus zu unterstützen. Wie N-VA-Fraktionssprecher Jan Jambon im VRT-Fernsehen erklärte, könnten auf diese Weise unter anderem über den diesjährigen Haushalt abgestimmt und andere dringende Fragen wie Asyl und Einwanderung geklärt werden.
Aus Jambons Sicht geht es in erster Linie darum, die europäischen Verpflichtungen zu erfüllen und die internationalen Finanzmärkte zu beruhigen. Als Bedingung nannte Jambon die Weiterführung der Gespräche über eine tiefgreifende Staatsreform.
Die N-VA unterstützt somit den Vorschlag des MR-Vorsitzenden Didier Reynders, die Befugnisse der geschäftsführenden Regierung in Abstimmung mit dem Parlament zu erweitern. Der noch amtierende Finanzminister Reynders betonte im Fernsehen ausdrücklich, dass es sich dabei nicht um eine Notregierung handele, wie gemutmaßt worden war.
Reynders zufrieden
Reynders zeigte sich zufrieden mit der Öffnung hin zu den liberalen Parteien. MR und N-VA stimmen demnach in der Einschätzung überein, dass die Formel der Sieben-Parteien-Gespräche zur Regierungsbildung und zur Überwindung der institutionellen Krise gescheitert ist.
In der Vande Lanotte-Note könne er keine Lösungsansätze erkennen. Eine Wiederherstellung des Vertrauens zwischen den Parteien könne nur durch eine Änderung der Arbeitsmethode herbeigeführt werden, sagte Reynders.
Andere Parteien skeptisch
Im RTBF-Fernsehen stellte sich heute der prominente CD&V-Politiker Mark Eyskens nicht gegen die Reynders-Idee. Die flämischen Liberalen, die selbst noch der geschäftsführenden Regierung Leterme angehören, sprachen allerdings von "purer Zeitverschwendung". Die Wahlsieger PS und N-VA müssten ihre Verantwortung übernehmen, kommentierte der Open VLD-Vorsitzende Alexander De Croo. Di Rupo und De Wever müssten wieder miteinander reden.
Auf Seiten der flämischen Sozialisten scheint der Vorschlag ebenfalls chancenlos zu sein. In diesem Sinne äußerte sich der SP.A-Politiker Louis Tobback im RTBF-Fernsehen. Auch PS, cdH und Ecolo scheinen sich nicht dafür erwärmen zu können. Der PS-Spitzenpolitiker Paul Magnette meinte, dass das die Probleme nur aufschieben würde. Melchior Wathelet (CDH) teilt diese Ansicht.
Ecolo erhob schwere Vorwürfe an die Adresse von CD&V und N-VA. Von der N-VA würden die Grünen nichts mehr erwarten, man wisse schließlich, dass ihr Ziel die Unabhängigkeit Flanderns sei, erklärte Jean-Marc Nollet. Er hoffe aber, dass die flämischen Christdemokraten noch ihre Haltung ändern würden.
belga/vrt/rkr - Bild: vrt
Jambon und Reynders haben recht. Der bisherige Modus ist gescheitert. Die Liberalen beider Seiten müssen mit ins Boot, damit das Schiff wieder flott gemacht wird.
Auch de Croo und die Open VLD müssen über ihren Schatten springen und sich einbringen. Belgien darf nicht das Land der beleidigten Leberwürste werden.
Meiner Meinung nach wird auch der Einstieg der Liberalen nichts bringen