Seit der Einrichtung des Fonds für medizinische Unfälle 2012 waren die Beschwerden über seine Arbeitsweise im Kern immer die gleichen: Die Patienten mussten viel zu lange auf ihre Entschädigungen warten.
Das brachte dem Fonds, der dem Landesamt für Kranken- und Invalidenversicherung (Inami) untersteht, 2020 sogar einen sehr deutlichen Rüffel vom Rechnungshof ein: Der Fonds und seine Arbeitsweise wiesen zahlreiche, teils sogar strukturelle Probleme auf, so der Rechnungshof damals. Nur jeder zehnte betroffene Patient nehme seine Hilfe in Anspruch und wer das tue, müsse im Schnitt geschlagene vier Jahre auf die Behandlung seines Dossiers warten.
Und wenn der Fonds tatsächlich eine Entschädigung gewähre, dann gestalte sich die Auszahlung als schwierig. Außerdem seien die Funktionskosten im Vergleich zum erzielten Ergebnis äußerst hoch. Konkret: Die Betriebskosten des Fonds sollen doppelt so viel Geld verschlungen haben wie die ausgezahlten Entschädigungen.
Ein vernichtendes Urteil, gerade wenn man sich vor Augen hält, was der eigentliche Zweck des Fonds sein sollte: Nämlich eine leicht zugängliche, schnelle und kostenlose Alternative zu bieten zu langwierigen und aufwändigen Gerichtsprozessen um Entschädigungen.
Aber seitdem scheint sich in der Tat etwas getan zu haben - im positiven Sinn: Hatte der Fonds 2020 insgesamt 8,5 Millionen Euro an Opfer von medizinischen Fehlern und Unfällen ausgezahlt, waren es 2021 schon 14 Millionen Euro - eine Rekordsumme für den Fonds. Das entspricht einer Steigerung von rund 65 Prozent. Und letztes Jahr sollen es laut Berichten der VRT sogar fast 17 Millionen Euro gewesen sein.
Und auch bei der Bearbeitungszeit scheint es mittlerweile schneller zu gehen, wie am Mittwoch unter anderem die Zeitung Le Soir berichtet: Statt 505 Dossiers wie 2020 wurden 2021 schon 736 Fälle durch den Fonds behandelt - ein Sprung von über 45 Prozent. Diese Zunahme ist auch nicht darauf zurückzuführen, dass etwa mehr Dossiers eingereicht worden sind, unterstreicht die Zeitung. Sondern eben tatsächlich auf eine bessere, sprich effizientere Bearbeitung der Fälle.
Ein Zufall ist das wohl nicht, denn diese positiven Entwicklungen fallen mit personellen Veränderungen im FÖD Gesundheit zusammen: 2020 hat nämlich Frank Vandenbroucke das Amt des föderalen Ministers für Volksgesundheit übernommen.
Er habe bei seinem Amtsantritt einen Trümmerhaufen vorgefunden, so Vandenbroucke am Mittwoch gegenüber der VRT. Deswegen habe umgehend eingegriffen werden müssen, unter anderem durch die Bildung einer entsprechenden Taskforce. Ihr Hauptziel: die Arbeitsabläufe des Fonds beschleunigen.
Etwas, was auch laut Gesundheitsminister wohl mehr als bitter nötig war. Zum damaligen Zeitpunkt hätten noch mehr als 2.000 Dossiers auf ihre Bearbeitung gewartet.
Den Rückstand bei den Dossiers habe man mittlerweile immerhin auf die Hälfte drücken können, so Vandenbroucke. Er gehe auch davon aus, dass bis zum Herbst dieses Jahres die verbleibenden Altfälle abgearbeitet sein dürften, also die Akten, die schon vor seinem Amtsantritt beim Fonds eingereicht worden waren.
Neben der Bearbeitungszeit gab es aber ja noch einen anderen großen Kritikpunkt am Fonds. Damals seien nur wenige Entschädigungen ausgezahlt worden, erinnerte Vandenbroucke. Inzwischen entscheide der Fonds häufiger zugunsten der Patienten. Mittlerweile erkenne er in 22 Prozent der Fälle eine Entschädigung zu. Vor einigen Jahren seien es noch deutlich weniger gewesen, so der Gesundheitsminister.
vrt/belga/sh