2022 wird als das bislang zweitwärmste Jahr in die Geschichte Belgiens eingehen. Nur 2020 war es noch einen Tick wärmer als dieses Jahr, zumindest in Uccle, der Brüsseler Teilgemeinde, die als Referenzgemeinde für die Wetterdaten in Belgien gilt. Dabei geht es hier um die Durchschnittstemperatur im gesamten Jahr.
Aber auch bei den punktuellen Temperaturen, die an einem Tag als Spitzenwerte gemessen werden, erreicht 2022 den zweiten Platz. "Am 19. Juli haben wir in Uccle die Höchsttemperatur von 38,1 Grad Celsius gemessen. Das ist der zweithöchste Wert, der hier jemals gemessen wurde. Am gleichen Tag haben wir an einer anderen Wetterstation, in Kapelle-op-den-Bos in Flämisch-Brabant, sogar 40 Grad gemessen", berichtet Pascal Mormal vom Königlichen Meteorologischen Institut KMI.
Ein paar Wärmerekorde hat aber auch 2022 aufgestellt: So lag die durchschnittliche Höchsttemperatur in Uccle mit 16,2 Grad so hoch wie noch nie. Das Phänomen, dass an allen Tagen im August die Temperatur von 20 Grad überstiegen wurde, gab es noch nie seit Beginn dieser Statistik 1892.
Außerdem: So spät wie in diesem Jahr hat es in Belgien auch noch nie einen so genannten Sommertag gegeben. "Als Sommertag gilt ein Tag, an dem die Temperaturen 25 Grad oder mehr erreichen. Und am 29. Oktober hatten wir noch einmal einen Sommertag (mit 25,5 Grad). Der bislang späteste Sommertag war ein 16. Oktober. Das Datum wurde also um ungefähr zwei Wochen verschoben, und das ist durchaus beeindruckend für diese Jahreszeit", erklärt der KMI-Experte Mormal.
Und dann war da ja noch die Trockenheit. Im Sommer war sie besonders stark zu spüren, aber nicht nur deshalb wird 2022 auch als eins der insgesamt trockensten Jahre in Belgiens zählen. Nach 2018 ist es das zweittrockenste Jahr der vergangenen 30 Jahre. "Wir haben mehrere sehr trockene Zeitspannen im Verlauf des Jahres gehabt", sagt dazu Mormal. "Der März war so trocken wie noch nie. Und sehr trocken war auch der Sommer. Das Duo aus den beiden Monaten Juli und August war das trockenste, das wir je erlebt haben."
Zu trocken, zu warm: Für den Wetterexperten Frank Deboosere von der VRT ist der Grund für diese erneuten extremen Werte im ablaufenden Jahr klar. "Das ist der Klimawandel, die Erwärmung unseres Klimas", sagt er. "Wobei auffällt, dass man als Durchschnittstemperatur in der Welt zurzeit 1,1 Grad mehr misst als vor der industriellen Revolution. In Uccle werden aber bereits 2,7 Grad mehr gemessen."
Die Erderwärmung sei in Belgien also deutlicher spürbar als anderswo auf der Welt. Das habe mit der geographischen Lage zu tun und werde dazu führen, dass Belgien auch in den kommenden Jahren weitere Extremsituationen bevorstehen und dass dem relativen Rekordjahr 2022 in Bezug auf Hitze und Trockenheit neue Rekordjahre sehr wahrscheinlich bald folgen werden.
Kay Wagner