Geld abheben, Überweisungen machen, Daueraufträge einrichten, Konten eröffnen, verwalten oder auch schließen und so weiter - früher konnte man all das am Bankschalter oder am Bankautomat machen. Aber unser ganzes Leben wird immer digitaler. Bis auf das Abheben von Bargeld kann man mittlerweile so gut wie alles andere auch online machen. Und Bargeld brauchen wir dank Kartenzahlungen, Online-Bezahldiensten und Bezahl-Apps auch immer weniger. Außerdem versuchen die Banken sowieso seit Jahren zu sparen, wo es nur geht.
Digitale Kluft
Beide Entwicklungen zusammengenommen bedeuten, dass immer mehr Bankfilialen geschlossen und Automaten abgebaut worden sind. Das ist ein echtes Problem für die Bevölkerungsgruppe, die kein Online- oder Telefon-Banking macht. Wir sprechen hier also über einen Unteraspekt des Phänomens, das wir ja auch aus anderen Bereichen kennen, der sogenannten "digitalen Kluft". Kurz gesagt: Wer technisch nicht mithalten kann oder will, der wird in gewisser Weise ausgegrenzt.
Nach Schätzungen könnten es zwischen 2,4 und 2,9 Millionen Belgier sein, die keinen digitalen Bankzugang nutzen. Diese Zahl stammt aus dem gerade erschienenen Jahresbericht der Vereinigung "Financité". Gemeint sind hier die Belgier, die weder über Smartphone noch über Computer Bankdienstleistungen in Anspruch nehmen.
Auch jüngere Menschen betroffen
Der Bericht betont ganz ausdrücklich, dass digital-bedingte finanzielle Ausgrenzung nicht nur ein Problem von älteren Menschen ist. Auch unter jüngeren Menschen gibt es demnach Risikogruppen. Es gibt nämlich einen deutlichen Zusammenhang mit der Höhe des Einkommens und dem Bildungsgrad, sagt "Financité". Auch das ist ein Befund, den wir aus anderen Beispielen der "digitalen Kluft" schon kennen, beispielsweise von der zunehmenden Digitalisierung bei Behörden und so weiter.
Laut dem Bericht gab im Jahr 2000 in Belgien noch knapp 12.800 Bankfilialen. 2021 waren es 9.000 weniger, nämlich nur noch etwa 3.800. Das entspricht einer Abnahme um 70 Prozent. Und das ist eine Entwicklung, die auch im jetzt zu Ende gehenden Jahr kräftig weitergegangen ist.
Bei den Bankautomaten ist der Kahlschlag auch ganz eindeutig: Belgien gehört laut "Financité" zu den Ländern, in denen die Zahl der Geldautomaten in den letzten fünf Jahren am stärksten abgenommen hat. 2016 waren es noch über 1.000 Geldautomaten pro eine Million Belgier, jetzt zählt man gerade noch 489. Weniger als die Hälfte also.
Damit liegt Belgien knapp 40 Prozent unter dem Eurozonen-Durchschnitt. In Deutschland zum Beispiel gab es 2021 noch fast 1.000 Automaten pro Million Einwohner, in Frankreich 750. Deutlich mehr also als die 489 von Belgien. Der einzige kleine Trost vielleicht: In den Niederlanden ist die Automatendichte noch viel dünner als hier. War sie zwar schon seit Jahren, aber die Niederländer waren mit ihrem Kahlschlag trotzdem noch rabiater als die Belgier.
Boris Schmidt
Ein weiteres Problem stellt sich dadurch, dass auf älteren Smartphones oder Tablets mit älteren Betriebssystemen, aktuelle Bankapps nicht mehr laufen und Benutzer gezwungen sind, sich neuere Geräte zu kaufen oder auf digitale Bankgeschäfte zwangsläufig zu verzichten. Weder kundenfreundlich noch nachhaltig.