Zwei Wochen lang waren die Lichter nachts in Mouscron ausgegangen. Zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens wollte die Gemeinde auf diese Art Geld im Winter sparen. Natürlich wegen der zurzeit so hohen Energiekosten. Doch nach zwei Wochen und einer vorangegangenen ersten Bilanz der Aktion entschied der Gemeinderat: Das Licht soll wieder angeschaltet werden.
"Wir haben die Erfahrung ohne Licht gemacht", sagt dazu Mouscrons Bürgermeisterin Brigitte Aubert. "Aber wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Sicherheit keinen Preis hat." Ohne Licht in der Nacht hatten sich nämlich Beschwerden über mangelnde Sicherheit bei der Gemeinde angesammelt.
Was auf den ersten Blick logisch erscheint, ist bei näherem Hinsehen aber nicht eindeutig. Mehr Sicherheit in der Stadt, wenn diese beleuchtet ist? Das kann man so nicht sagen, gab am Donnerstagmorgen Vincent Francis, Professor für Kriminologie an der Universität Löwen, bei der RTBF zu Protokoll. "Beleuchtung an sich", sagte er dort, "wird nicht unbedingt etwas an der messbaren Sicherheit ändern".
Messbar ist hier das wichtige Wort. Denn tatsächlich gelte es zu unterscheiden zwischen dem, was man als unsicher messen kann mit oder ohne Beleuchtung: zum Beispiel Unfälle im Straßenverkehr, Angriffe auf Personen, Diebstähle usw. Und dem, wie sich Personen fühlen, wenn ein Ort in der Nacht beleuchtet ist, oder nicht.
Bei diesem Gefühl wiederum müsse man erneut unterscheiden. "Frauen sind in Bezug auf Beleuchtung im Allgemeinen empfindlicher", sagt Francis. "Sie fühlen sich sicherer, wenn alles gut beleuchtet ist. Gleiches gilt für ältere Menschen und auch für Behinderte." Andererseits gebe es aber auch einen großen Teil der Bevölkerung, die eine Veränderung gar nicht wahrnehmen würde. Diesen Menschen würde es gar nicht auffallen, ob ein Ort nachts beleuchtet ist oder nicht. Der Anteil dieser Menschen liege - je nach wissenschaftlicher Studie - zwischen 25 und 64 Prozent der Bevölkerung.
Soweit zum Sicherheitsgefühl. Bei der messbaren Sicherheit müsse allerdings auch unterschieden werden. "Wenn man die Beleuchtung verringert", sagt Kriminologe Francis, "verringert man in gewisser Weise auch die Wahrscheinlichkeit für einige Verbrechen, zum Beispiel Diebstähle, bei denen Personen etwas entwendet wird. Denn für Diebstähle brauchen Kriminelle Licht".
Ob eine nachts beleuchtete Gemeinde also sicherer ist als eine nicht beleuchtete Gemeinde, kann man laut des Experten allgemein nicht sagen. Das hänge immer von den unterschiedlichen Gegebenheiten vor Ort ab. Und von der Analyse der ein oder anderen Maßnahme. "Eine Evaluierung ist für mich wirklich grundlegend", sagt Francis. "Mit einem Blick zurück kann man dann erkennen, welche Gründe dazu geführt haben, dass eine Aktion geklappt hat oder eben nicht".
Die Stadt Mouscron hat demzufolge alles richtig gemacht: Sie hat das Licht nachts ausgemacht, zwei Wochen Erfahrungen damit gesammelt und ist dann zu dem Ergebnis gelangt, dass es mit Licht besser sei in Mouscron.
Kay Wagner