Die Universität Antwerpen hat zusammen mit dem flämischen Fernsehsender VTM und der Zeitung "Het Laatste Nieuws" eine Paket-Untersuchung gestartet. Zusammen mit dem Tansportökonomen Roel Gevaers und seinen Doktoranden haben die nicht weniger als 75 Produkte bei großen und sehr kleinen Online-Shops bestellt: von den amerikanischen und chinesischen Online-Giganten bis zum belgischen Shop, der nur Hautpflegeprodukte vertreibt. Die Bestellungen reichten von wenigen Cents für Anstecknadeln oder Ohrringe bis hin zu mehr als tausend Euro für ein nagelneues iPhone.
Die erste Feststellung war, dass 92 Prozent der Kuriere nicht darum bitten, die Lieferung eines Pakets gegenzuzeichnen. Auch bei teuren Bestellungen. Dadurch sparen die Kuriere natürlich viel Zeit. Nur ist eine Unterschrift halt der Beweis, dass ein Paket tatsächlich geliefert worden ist. Fotos werden aus Zeitgründen auch so gut wie nie gemacht. Die könnten unter Umständen aber noch als Beweis durchgehen. Ein Kurier hat einfach die Unterschrift des Bestellers gefälscht.
Anstandslose Rückerstattungen
Jetzt kommt aber das Interessante: Die Untersucher haben sich bei 25 Online-Shops gemeldet und einfach behauptet, dass das bestellte Paket nie angekommen sei. Und egal ob Lego-Bauset, Schal oder Buch - wirklich jedes Paket unter 35 Euro wurde entweder nochmal nachgeschickt oder das Geld wurde anstandslos zurückerstattet.
Auch bei den hochpreisigen Produkten wurden einige zurückerstattet. So zum Beispiel das neueste iPhone 14. Der Online-Shop hatte keinen Lieferbeweis. Auch da haben die Untersucher behauptet, das Paket sei nie angekommen. Und einige Tage später standen die 1.019 Euro für das iPhone wieder auf dem Konto, berichtet Ökonom Gevaers. Mit schlechter Absicht kann man sich also ein teures Smartphone erschleichen. Weil das natürlich Betrug ist, hat das Team das Telefon am Ende der Untersuchung zurückgesendet.
Aber nicht jede Bestellung wurde automatisch erstattet. Einige Shops verlangten eine "eidesstattliche Erklärung", in der man bestätigen soll, dass das Paket nie angekommen ist. Eine solche Erklärung ist rechtsverbindlich. Wenn der Webshop beweisen kann, dass man betrügt, kann man als Kunde belangt werden.
Andere Webshops haben sogar gebeten, bis zum Zoll zu gehen, um sicherzustellen, dass das Paket nicht dort ist. Dafür kann es mehrere Gründe geben, zum Beispiel wenn man Dinge bei zweifelhaften Online-Shops bestellt. Da wird statt Markenware auch schon mal Nachgemachtes verkauft. Und damit macht man sich oder zu Weihnachten den Beschenkten nicht unbedingt eine Freude, wie Arbeitsschutzexperte Dr. Tobias Bleyer sagt. Nur weil etwas gleich aussieht, erhalte man nicht auch die selbe Qualität, Langlebigkeit und Leistungsfähigkeit. Ganz zu schweigen von der Sicherheit. Und man kann sogar Ärger mit dem Zoll bekommen.
Der wichtigste Tipp: Einfach darauf achten, ob der Preis für ein Markenprodukt annähernd realistisch ist. Wenn nicht, ist der Ärger vermutlich vorprogrammiert.
Tricksen bei den Lieferkosten
Auch bei den Lieferkosten wird getrickst und geschummelt. Viele Online-Shops verlangen zwar auch einen Mindestbestellbetrag, damit die Lieferung kostenlos ist. Aber sie überprüfen nicht, was man zurückschickt. Die Untersucher haben billige Produkte, wie Ohrringe oder Anstecknadeln und einen Haufen anderer Produkte bestellt, um auf diese Mindestsumme zu kommen. Dann haben sie die teureren Produkte zurückgeschickt und nur die Ohrringe und Anstecknadeln behalten. Alles ganz problemlos.
Laut Ökonom Geraers funktioniert das immer. Bei einem chinesischen Webshop, der alles gratis versendet, hat das Forscherteam das sogar auf die Spitze getrieben. Sie haben in China ein Babykleid zum Angebotspreis von einem Cent bestellt. Sie konnten das Kleidchen anschließend einfach so zurücksenden.
Laut Gevaers kostet es dem Online-Shop mindestens 4,50 Euro, dieses Paket zu verschicken. Darin sind zum Beispiel die Kosten für die Luftfracht und den Paketdienst enthalten. Wenn man es zurückschickt, sind es also mindestens 9 Euro. Ökonom Gevaers kommt da zu dem Schluss, dass das sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus ökologischer Sicht nicht vertretbar ist.
Fazit ist: Es ist zu leicht, das System zu missbrauchen. Die Onlineshops geben auch alle keine Statistiken darüber heraus, wie viel "betrogen" wird. Aber bekannt ist, dass viele große Webshops immer noch Verluste machen. Und die Untersucher gehen davon aus, dass ein Teil dieser Verluste auch damit zu tun hat.
hln/mz