Mit der Vorsorgevollmacht räumt man einem anderen Menschen das Recht ein, in seinem Namen zu handeln. Man bezeichnet eine Person seines Vertrauens - das ist häufig der Partner oder ein Kind - die dann, wenn man nicht mehr dazu in der Lage ist, seine Dinge regelt. Das kann zum Beispiel nach einem Unfall der Fall sein oder durch eine schwerwiegende Krankheit wie Alzheimer, durch die man nicht mehr in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen.
Eine Vollmacht wird gültig mit der Unterschrift des Vollmachtgebers und sie endet üblicherweise mit dessen Tod. Hier sieht man auch gleich einen wichtigen Unterschied zum Testament: Die Vorsorgevollmacht regelt, was passiert, solange man noch lebt, aber nicht mehr geschäftsfähig ist. Das Testament regelt dagegen den Nachlass.
Im Prinzip kann man mit der Vorsorgevollmacht alles regeln. Das geht los mit der Verwaltung der Bankkonten, Rechnungen begleichen, Verträge abschließen, die Steuererklärung abgeben bis hin zum Verkauf von Haus und Hof. Man kann auch den Bevollmächtigten mit der Organisation der Beerdigung beauftragen und mit der Auflösung des Hausstandes. Dazu muss die Vollmacht aber über den Tod hinausgehen.
Vertrauen ist wichtig
Bevor man so eine Vollmacht aufsetzt, muss man sich der Tragweite bewusst sein, wenn der Bevollmächtigte sogar ein Haus verkaufen darf. Daher ist es wichtig, jemanden auszusuchen, dem man zu hundert Prozent vertraut. Gerade das ist ein Vorteil der Vorsorgevollmacht und mit ein Grund, warum sich immer mehr Menschen dafür entscheiden. So können sie selbst festlegen, wer für sie handeln soll, ganz ohne Einmischung oder Kontrolle durch die Gerichte.
Die Zahlen des belgischen Notarverbandes belegen diesen Trend: Die Vorsorgevollmacht gibt es in Belgien erst seit 2014. Seitdem wurden 310.000 solcher Vollmachten von Notaren beglaubigt. Allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres kamen 41.000 dazu. Das sind über 20 Prozent mehr als in der ersten Hälfte des letzten Jahres. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum haben 35.000 Menschen in Belgien ihr Testament aufgesetzt. Das ist nur ein leichter Zuwachs von etwa einem Prozent.
Naturgemäß bilden die Ü65-Jährigen den Löwenanteil - die "Golden Agers", die wohlhabende Rentnergeneration. Aber auch der Anteil der jüngeren Menschen, die noch voll im Arbeitsleben stehen, wächst. Das sind vor allem Selbstständige, die dafür sorgen wollen, dass alles weiter läuft, wenn sie plötzlich geschäftsunfähig werden sollten. Hintergrund ist möglicherweise der Dauerkrisenmodus seit Corona. Das schärft vielleicht die Sensibilität.
belga/vrt/sh/sr