Die Gaspreise, auf die sich die Zeitungen beziehen, sind die für eine Megawattstunde Gas an der niederländischen Gasbörse TTF. Zumindest für Europa ist die TTF tonangebend beim Gaspreis. Der TTF-Gaspreis ist - generell gesprochen - seit seinem Höchststand im August am Sinken.
Dafür gibt es verschiedene Gründe, wie Erik Joly gegenüber der VRT ausführte. Er ist Chefökonom bei der niederländischen Großbank ABN Amro. Europa habe sich sehr gut auf den Winter vorbereitet, die Gasspeicher seien zu 90 Prozent gefüllt. Außerdem sei die Einfuhr von LNG, also Flüssiggas, erhöht worden. Und schließlich bemühe sich Europa weiterhin darum, die Höhe der Gaspreise zu begrenzen. Auch das merke man auf den Märkten.
Wetter
Es gibt aber noch einen weiteren, sehr wichtigen Grund: Das aktuell warme Wetter, wie Energieberater Dieter Jong bei Radio Eén betonte. Warmes Wetter bedeutet weniger Heizen, also weniger Verbrauch und Nachfrage, was wiederum die Preise sinken lässt.
Aber was hier betrachtet wird, das ist vor allem der "Tagesmarkt", wie Jong hervorhebt. Auf dem Tagesmarkt, oft auch "Spotmarkt" genannt, wird kurzfristig angeboten und gekauft und wird ebenso kurzfristig auf Einflüsse und Entwicklungen reagiert. Es sei zwar richtig, dass es auch gut sei, wenn die Preise auf dem Tagesmarkt sinken - und man erwarte auch, dass sich das fortsetzen werde. Aber zwei Dinge gebe es zu bedenken, so der Energieberater: Zum einen liege der Preis noch immer viel höher als vor der Energiepreis-Krise. Zum anderen sei langfristig für die Preisentwicklung weniger der Tagesmarkt, als vielmehr der sogenannte "Terminmarkt" oder "Forward-Markt" wichtig.
Auf dem Terminmarkt wird nämlich langfristig die Energie eingekauft, also Vereinbarungen über Lieferungen und Preise zu einem Datum in der Zukunft getroffen. Wenn man eine Aussage über die nächsten Monate beziehungsweise das nächste Jahr haben will, dann ist also dieser Markt entscheidend. Die Preise auf dem Terminmarkt seien aber eben bei Weitem nicht so stark gefallen, wie die auf dem Tagesmarkt.
Zu früh für Optimismus
Beide Experten warnen auch vor zu viel Optimismus. Es sei noch zu früh, um den Sieg zu feiern, so Erik Joly. Grundsätzlich sei es so, dass alle Probleme, die den Terminmarkt in die Höhe getrieben hätten, noch immer bestehen, so auch Dieter Jong.
Die Verfügbarkeit an Flüssiggas sei begrenzt, führt Joly aus, das könne zu Volatilität, also stark schwankenden Preisen führen. Viel werde auch von der langfristigen Energieplanung abhängen, also davon, in welchem Umfang es Europa gelingen werde, in Zukunft auch andere Energiequellen anzuzapfen.
Ob sich für den Endkunden aktuell etwas ändert, - genauer gesagt für seine Rechnungen und die Höhe seiner Vorauszahlungen - hängt prinzipiell von zwei Faktoren ab: der Art des Vertrages und dem Zeitpunkt, an dem der Vertrag abgeschlossen worden ist oder die aktuelle Höhe der Vorauszahlung festgelegt worden ist.
Für Oktober günstigere Rechnungen werden nur diejenigen spüren, denen ihr Lieferant den Tagespreis für Gas berechnet. Bei den anderen wird es davon abhängen, wie oft und wann ihr Preis das nächste Mal indexiert wird. Was dann die Höhe der Vorauszahlungen angeht, so muss man danach schauen, wann die festgelegt wurde. Lautet die Antwort darauf im Sommer, also als die Preise auf ihrem Höchststand waren, dann kann es durchaus interessant sein, den Betrag für die Vorauszahlungen zumindest etwas nach unten korrigieren zu lassen.
Aber Haushalte, die ihre Verträge im Frühjahr oder davor festgelegt oder angepasst haben, könnten sogar noch zu niedrige Vorausauszahlungen haben. Genau lesen und rechnen ist also definitiv angebracht.
Boris Schmidt