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Die Weihnachtsansprache des Staatsoberhaupts steht im Zeichen der langwierigen Verhandlungen über die künftige Staatsreform und die Bildung einer neuen Regierung.
Für den König "liegen alle Elemente für eine gründliche Staatsreform auf dem Tisch. Sie betreffen eine wichtige Übertragung von Befugnissen an die Gemeinschaften und Regionen und eine größere Autonomie und Eigenverantwortung der Teilstaaten. Sie sollen auch eine echte Solidarität garantieren".
König Albert unterstreicht, in einem solchen Abkommen komme es darauf an, einen ausgewogenen Kompromiss zu finden. Es dürfe keine Verlierer geben.
Die Botschaft
"In dieser Weihnachts- und Neujahrszeit möchte ich zuerst mit Ihnen einen Grund zur Zufriedenheit teilen: Einstimmig haben unsere europäischen Partner die belgische EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Semester dieses Jahres als äußerst gelungen bezeichnet. Auf zahlreichen verschiedenen Gebieten wurden bedeutende Fortschritte gemacht.
Dabei denke ich an die europäische Wachstumsstrategie, die Maßnahmen, die eine Rückkehr der Finanzkrisen verhindern, den europäischen Haushalt, die Verwirklichungen auf den Gebieten von Handel und Diplomatie sowie die Beziehungen zwischen Europa und Asien.
Zahlreiche Staats- und Regierungschefs sowie die Verantwortlichen verschiedener europäischer Institutionen haben mir dazu spontan ihre Bewunderung bekundet. Das ist bezeichnend für die Talente, die unser Land besitzt, wenn es darum geht, Standpunkte anzunähern, indem man Kompromisse ausarbeitet. Unsere Verschiedenheit hilft uns auf diesen Gebieten.
Doch es scheint mir, als sei die Kunst, Kompromisse zu schließen, in unserem Land in den letzten Jahren ein wenig in Vergessenheit geraten. Daher meine Sorge und mein fester Wille, an alle Verantwortlichen und alle Bürger einen Appell zu richten:
Unser Land hat die Gelegenheit zu tiefgreifenden Reformen, um den Erwartungen zahlreicher Belgier nachzukommen und die künftigen Herausforderungen zu meistern. Nunmehr, nach über sechs Monaten Verhandlungen, liegen alle Elemente für eine gründliche Staatsreform auf dem Tisch. Es wird zu einer wichtigen Übertragung von Kompetenzen an die Regionen und Gemeinschaften kommen, einer viel größeren Autonomie und Eigenverantwortung der Gliedstaaten einschließlich der Steuerpolitik. Sie wird zudem die Refinanzierung Brüssels enthalten und den Erhalt einer echten Solidarität in unserem Land garantieren.
Gleichzeitig wird es notwendig sein, eine langfristige Finanzierung des Föderalstaates abzusichern, damit er seine Kompetenzen ausüben kann, und den Verpflichtungen gegenüber allen Belgiern nachzukommen, aber auch auf europäischer Ebene und in der Welt. Man muss auch eine Lösung für BHV finden. Schließlich müssen die Regeln für politische Ethik definiert werden.
Es kommt darauf an, ausgewogene Kompromisse zu finden, die die legitimen Bestrebungen eines jeden berücksichtigen. In einem solchen Abkommen darf es keine Verlierer geben. Wir müssen Lösungen finden, in denen es nur Sieger gibt. Bei der Suche nach einem redlichen Abkommen muss selbstverständlich jede Seite Zugeständnisse machen. Jeder ist mithin verpflichtet, seine Verantwortung zu übernehmen. Es ist der Augenblick, in dem der echte Mut nicht darin besteht, die Gegensätze zu verschärfen, sondern einen Kompromiss zu suchen, der verbindet.
Wenn ein solches Abkommen verwirklicht wird, kann eine neue Föderalregierung gebildet werden. Sie wird gemeinsam mit den Gliedstaaten die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Wohlfahrt der Bevölkerung zu sichern und in allen Kreisen des Landes neues Vertrauen zu wecken. Alle unsere Mitbürger erwarten das.
Wenn uns das gelingt, und ich bin davon überzeugt, werden wir wieder zu einem Vorbild für Eintracht und zu einem Faktor der Einheit in einer Welt, die das dringend nötig hat. Wir könnten das Vorbild eines Landes sein, das sich friedlich verändern kann. Unsere europäischen Partner und alle anderen Länder werden feststellen können, dass Belgien ein verantwortungsbewusster Staat ist, der vertrauenswürdig bleibt.
Dieser Aufruf, den ich feierlich an alle richte, ist selbstverständlich an erster Stelle für die verantwortlichen Politiker bestimmt, aber auch für die wirtschaftlichen und sozialen Entscheidungsträger und die Verantwortlichen im kulturellen Bereich und in den Medien.
Wir alle müssen bei unseren Aktionen und unserem Vorgehen den Mut aufbringen, Friedensstifter zu sein. Das wünschen Ihnen zu diesen Weihnachts- und Neujahrsfeiern die Königin, ich selbst und unsere ganze Familie von Herzen."
Bild: belga