Wenn es der Welt gelingt, die globale Erwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen, wird die Meeresoberfläche im Jahr 2100 bereits etwa ein Grad wärmer sein als heute. Für die flache Nordsee geht es sogar noch schneller: Einige Wissenschaftler rechnen bereits mit einer Erwärmung um fünf Grad bis zum Jahr 2100, verglichen mit 1970. Da das Meerwasser viel Wärme speichert, wird dieser Temperaturanstieg noch lange nach der Reduzierung der Kohlenstoffemissionen anhalten.
Das hat Auswirkungen auf den Meeresspiegel, der bei einer Erwärmung um zwei Grad Celsius in den nächsten 2.000 Jahren um zwei bis sechs Meter ansteigen wird. Und das Ganze hat auch Folgen für das Leben in den Ozeanen. Genau das haben Johan Vellekoop von der KU Leuven und ein Team internationaler Wissenschaftler untersucht. Das Ergebnis ihrer Arbeit wurde jetzt in der Fachzeitschrift Climate of the Past veröffentlicht.
Untersuchung von Kalksteinschichten in Limburg
Wissenschaftler haben in Limburg Kalksteinschichten untersucht. Diese geben sehr viel über die Vergangenheit preis - über die Zeit von vor über 66 Millionen Jahren. In der späten Kreidezeit, wie diese Zeit genannt wird, spuckten Vulkane große Mengen an Treibhausgasen aus, wodurch sich sowohl die Atmosphäre als auch die Ozeane erwärmten und der Meeresspiegel anstieg. Auch Belgien war vollständig im sogenannten Kalksteinmeer versunken.
Damals war das Meer sechs Grad wärmer als heute, ähnelte also mehr dem Mittelmeer als der Nordsee. Mithilfe einer neuen Messtechnik für die Kalksteinschichten fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Nordsee damals eine durchschnittliche Temperatur von 20 Grad hatte. Zum Vergleich: Die Nordsee erreicht im Sommer Höchsttemperaturen von etwa 22 Grad und im Winter Tiefsttemperaturen von fünf bis sechs Grad.
Warmwasserkorallen und Tintenfische
Die Erwärmung des Meerwassers veränderte damals die Meeresströmungen und brachte so unsere Region stärker unter den Einfluss von Wasser aus dem Süden, dem heutigen Mittelmeer. Dadurch wurde das Wasser noch wärmer, aber auch viel salziger. Mit dem wärmeren und salzigeren Wasser kamen dann auch neue Bewohner in unser Meer. Vorher gab es hier kaum Korallen, plötzlich tauchten verstärkt Warmwasserkorallen auf. Auch südliche Tintenfischarten sind hier aufgetaucht und auch eine spezielle Algenart tauchte explosionsartig auf. Im Sommer muss damals das Meer völlig davon bedeckt gewesen sein.
Was die Entwicklung heute angeht: Der Vergleich mit damals ist gar nicht so leicht zu ziehen. Wie schnell und was genau sich verändert, ist schwer zu sagen, sagen die Wissenschaftler. Der von ihnen untersuchte Klimawandel vollzog sich über einen Zeitraum von Zehntausenden von Jahren. Dieses Mal wird die gleiche Erwärmung auf einer Zeitskala von Jahrhunderten stattfinden, also 100 mal schneller. Aber klar ist, dass sich das Leben im Meer unwiderruflich verändern wird.
vrt/lo