Vor zwei Jahren wurde das Prinzip der Rettungsgasse in Belgien eingeführt. Das bedeutet, dass Autofahrer in einem Stau einen Fahrweg schaffen müssen, durch den dann Krankenwagen, Notarzt, Feuerwehr und Polizei schnell zum Unfallort gelangen können. Aber wenn man sich den gelebten Alltag anschaut, dann bilden sich bei Staus leider immer noch nur sehr wenige Rettungsgassen.
Bei Autobahnen, aber auch Landstraßen mit zwei Fahrstreifen in eine Richtung, ist das Bilden einer Rettungsgasse denkbar einfach: Wer rechts steht, fährt so weit wie möglich nach rechts. Wer links steht, fährt so weit wie möglich nach links, sodass in der Mitte der Fahrspur eine Gasse entsteht. Bei mehr als zwei Fahrstreifen in eine Richtung gilt: wer auf dem äußersten linken Fahrstreifen steht, fährt nach links und wer auf dem Fahrstreifen rechts daneben steht, fährt nach rechts. Also: die Rettungsgasse wird immer links gebildet.
Die Autofahrer müssen die Rettungsgasse in dem Moment bilden, in dem der Stau entsteht, also sofort. Viele machen das aber nicht und warten, bis hinter ihnen Blaulicht auftaucht, um dann erst zur Seite zu fahren. Doch das ist falsch. Denn so geht schon viel Zeit für die Rettungskräfte verloren.
Nur jeder fünfte Autofahrer weiß, dass die Rettungsgasse so zu bilden ist wie beschrieben. Daher läuft jetzt die inzwischen dritte Sensibilisierungskampagne zu dem Thema. Offenbar stehen die Belgier dann doch zu selten im Stau, damit das Prinzip in Fleisch und Blut übergeht. Hinzu kommt: Die Rettungsgasse ist zwar in Deutschland Pflicht, nicht aber in Frankreich oder den Niederlanden. Viele Belgier orientieren sich oft daran, was in den beiden Nachbarländern passiert. Und dann gibt es wohl auch so etwas wie Gruppendynamik. Wenn keiner zur Seite fährt, dann folgt man eher dem schlechten Beispiel, obwohl man es besser weiß. Es tanzt halt keiner gerne aus der Reihe - das kann man hier wörtlich nehmen.
Bis zu 174 Euro kann das Bußgeld betragen, wenn man keine Rettungsgasse bildet. Allerdings ist es für die Polizei schwer, das in der Praxis umzusetzen. Das beklagen auch Verkehrsexperten.
bvl/okr