Etwa 25 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes (BIP) gibt Belgien schon jetzt jedes Jahr für Sozialausgaben aus. Größter Posten dabei: die Renten. Insbesondere sie und die Gesundheitsausgaben steigen mit dem Durchschnittsalter der Bevölkerung.
Die Tendenz ist laut Studienausschuss für Vergreisung eindeutig: Die Kosten werden weiter zunehmen. Zumindest bis zum Jahr 2050, so der nun vorgestellte Jahresbericht.
Peak in 30 Jahren
In rund 30 Jahren soll die Vergreisung nämlich ihren Peak erreichen, ihren Höchststand. Dann werden rund 30 Prozent des BIP, also nochmal fünf Prozent mehr als jetzt, für die Deckung der Sozialausgaben einkalkuliert werden müssen.
Nach 2050 geht der Studienausschuss dann von einer leicht entspannteren Lage aus: Bis 2070 sei mit einer Stagnation und möglicherweise sogar mit ganz leichten Rückgängen bei den Sozialausgaben zu rechnen.
Laut dem Studienausschuss wird die Entwicklung der Kosten vor allem von zwei Faktoren abhängen: erstens von der Produktivitätszunahme und zweitens vom Beschäftigungsgrad.
Wenn beispielsweise die prognostizierte Zunahme der Produktivität der belgischen Arbeitskräfte langfristig hinter den Erwartungen zurückbleiben sollte, dann steigen die Sozialausgaben stärker.
Niedriger Beschäftigungsgrad
Wenig überraschend ist aber vor allem der Beschäftigungsgrad, der auch den Vergreisungsexperten am meisten Sorge bereitet, also der Anteil der arbeitsfähigen Bevölkerung zwischen 20 und 64 Jahren, der auch tatsächlich einer bezahlten Tätigkeit nachgeht.
Denn wer arbeitet, zahlt mehr Steuern und Sozialabgaben als jemand, der nicht erwerbstätig ist. Und trägt logischerweise damit mehr zur Deckung der Vergreisungskosten bei.
Man gehe für 2030 von einem Beschäftigungsgrad von 74,6 Prozent aus, so Johan Van Gompel vom Studienausschuss gegenüber der VRT. Das sei zwar mehr als die aktuell rund 72 Prozent, aber immer noch weit unter den 80 Prozent, die die Politik wünsche.
Diese Zahl ist ja auch unter anderem im Regierungsabkommen der Vivaldi-Koalition festgehalten. Der Beschäftigungsgrad müsse also stärker steigen.
Menschen wieder in den Arbeitsmarkt integrieren
Das sei sehr wichtig, weil es die Kapazität zur Finanzierung der Vergreisungskosten verbessere. Um einen Beschäftigungsgrad zu erreichen, der hoch genug sei, reiche es aber nicht, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren, warnen auch die Experten des Studienausschusses.
Es müssten auch viel mehr Menschen aktiviert und in Arbeit gebracht werden, die aktuell weder erwerbstätig seien noch eine Arbeit suchten. Hier seien zusätzliche Anstrengungen notwendig: Etwa um Langzeitkranke, ein typisch belgisches Problem, wieder erfolgreich in den Arbeitsmarkt zu integrieren, aber auch beispielsweise Hausfrauen und -männer.
Im Kontext der Vergreisungskosten blickt der Experte aber auch auf dringend notwendige Reformen, insbesondere die des belgischen Rentensystems. Hier dauert das zähe Ringen vor allem zwischen dem linken und dem rechten Flügel der Vivaldi-Koalition ja nach wie vor an.
Aktuelle Vorschläge unzureichend
Das Kernkabinett soll am Dienstagabend ab 19 Uhr zu weiteren Diskussionen zusammenkommen. Eine Einigung scheint aber nach wie vor nicht in greifbarer Nähe zu sein.
Johan Van Gompel vom Studienausschuss plädiere für eine ausreichend umfassende Pensionsreform. Eine, bei der vor allem die Bezahlbarkeit der Renten ausreichend berücksichtigt werde.
Auf konkrete Streitpunkte wollte er indes nicht eingehen, das sei nicht die Aufgabe des Studienausschusses. Allzu große Hoffnungen hat Van Gompel aber offensichtlich eher nicht: Er denke nicht, dass das, was aktuell auf dem Tisch der Regierung liege, ausreichen werde. Aber man müsse abwarten, was letzten Endes tatsächlich herauskommen werde.
Boris Schmidt
Gibt es irgendeinen Link, wo ich die Vorschläge im Original lesen kann.
Die Vorschläge mögen gut gemeint sein.Doch es wird das unmögliche verlangt von den belgischen Politikern.Deren Hauptaufgabe ist nicht das Lösen von gesellschaftlichen Problemen, sondern durch das Verursachen von Problemen eine Daseinsberechtigung zu finden.Und je mehr Probleme, um so mehr Politiker braucht man, die alle ein schönes Gehalt bekommen.Das ist belgische Logik.
Die anvisierte Mindestrente von 1.500€ ist nicht viel verglichen mit den Beträgen des ÖSHZ. ( Mitbewohner : 729,20 €/mois; Personne isolée : 1.093,80 €/mois;Quelle cpas Charleroi).
Was ist ein 'Vergreisungsexperte', was sind 'Vergreisungskosten' ? Unsere Politiker setzen mit hintertriebenem Kalkül EXCEL-Tabellen-Experten ein, um eine/ihre rassistische Politik durch zu setzen und ihr einen Anstrich angeblicher gesellschaftlicher Akzeptanz vor zu gaukeln. Ich wette die sind darauf auch noch stolz, dem Bürger einen reinwürgen aber dafür nicht verantwortlich zu sein! Diese offenkundige Menschenverachtung stinkt zum Himmel ! Aber, da man die Rentabilität der Vergreisten anspricht, und da sich in der Politik ja sehr viele Vergreiste unrentabel herum tumeln, gibt es dort wohl das grösste Potential zur Kostenreduzierung bezüglich Vergreisungsausgaben !
Auf der Website des Planbüros (plan.be) ist der Jahresbericht zu finden, "Comité d’étude sur le vieillissement - Rapport annuel 2022", direkt auf der Startseite.
Genau das ist die Aufgabe der Politik, neben der Bewältigung der Gegenwart auch in die längere Zukunft schauen. Bei Polupisten, die immer nur platt gegen alles sind was Politiker machen, wird genau dies sehr oft bemängelt.
Und Herr Michaelis, was ist an dieser Studie rassistisch? Einfach nur einen Begriff einsetzen, mit dem man sich die größtmögliche Reaktion erhofft, ist ziemlich primitiv. Das deutsche Wort ist etwas blöd gewählt, neutraler wäre eine Wortfindung wie "Veralterung", im französischen heisst es ja auch vieillissement, im englischen ageing, das sind normale Begriffe. Das niederländische vergrijzing bezieht sich auf einen Aspekt des Alterwerdens, nämlich graue Haare bekommen, aber die deutsche VerGREISung, hat schon einen negativen Beigeschmack. Greis wird niemals neutral benutzt, sondern eher in Zusammenhängen mit geistigem Rückgang.
Um beim Thema zu bleiben: all die im Artikel genannten Aspekte sind richtig und vom grössten Querdenker nicht zu leugnen und müssen in gute Bahnen gelenkt werden.
Liebe Frau van Straelen, ich kenne nicht einen Politiker, der in die längere Zukunft schaut, höchstens in seine eigene und meistens reicht der Horizont nur bis zu den nächsten Wahlen.
Sie haben Recht, von Rassismuss lässt sich nicht sprechen, Senioren sind keine Rasse. Ich glaube, Herr Michaelis stört sich mehr an der Terminologie; über die Rentabilität von Greisen zu sinnieren ist schon grenzwertig. Wie Sie schreiben, "Vergreisung" hat einen negativen Beigeschmack. Vergreisungskosten hört sich nach der Klage an, sie kosten nur aber bringen keine Erlöse und die anderen müssen für sie mitbezahlen.
Wie dem auch sei, auch alte Menschen haben das Recht auf ein lebenswertes Leben bis zum letzten Tag. Und es ist richtig, das Thema anzugehen, vielleicht nur mit ein wenig mehr Empathie und dem Wissen das wir alle mal "Greise" werden. Auch Vergreisungsexperten...
Herr Schallenberg, wenn Sie keinen Politiker kennen, der in die Zukunft schaut, dann lesen Sie doch mal obigen Artikel, dort tut man doch gerade das, in die längere Zunkunft schauen...
Und unsere belgischen Politiker haben das deutsche degradierende Wort doch gar nicht vor Augen, beschimpfen Sie Herrn Duden oder wen auch immer, andere Sprachen habe neutrale Begriffe (vieillissement) für eine nicht zu leugnete Tatsache: wir werden alle älter.