wegen des schlechten Gesundheitszustands der Mutter des königlichen Vermittlers Johan Vande Lanotte aufgeschoben. Ab Montag sollen die Verhandlungen weitergehen - doch die Aussichten auf eine Einigung sind äußerst gering. Es sei denn, die N-VA und ihr Chef, Bart De Wever, hören auf, den Nimmersatt zu spielen.
Am kommenden Montag liegen die Wahlen vom 13. Juni genau sechs Monate zurück. So lang haben PS, cdH und Ecolo auf frankophoner Seite mit N-VA, CD&V, SP.A und Groen auf flämischer Seite über das Zustandekommen einer neuen Regierung verhandelt. Bisher war alles jedoch verlorene Liebesmüh.
Zu sagen, dass die letzten sechs Monate zu nichts gedient haben, wäre allerdings übertrieben. Immerhin haben die Präsidenten der sieben verhandelnden Parteien unter Federführung der beiden Wahlsieger N-VA und PS eine Reihe von institutionellen Reformen ausgehandelt, die zwar noch nicht allesamt unterschriftsreif sind, über die jedoch weitgehendes Einvernehmen besteht.
Man kann sogar sagen, dass man in Bezug auf die weitere Übertragung von Zuständigkeiten des Föderalstaates an die Regionen und Gemeinschaften weiter gegangen ist, als bei gleich welcher früheren Reform des belgischen Staates. So ist man sich darüber einig geworden, Teile der Justiz, der Verkehrspolitik, der Beschäftigung, ja sogar der Sozialen Sicherheit (wie das Kindergeld und die Arbeitslosenkontrolle), dem flämischen Wunsch entsprechend, in Zukunft den Teilstaaten anzuvertrauen. Die Frankophonen haben vieles davon nur zögerlich, ja sogar zähneknirschend zugestanden, aber sie haben es getan und sind damit viel weiter gegangen, als man je gedacht hätte.
Der Grund für die Konzessionsbereitschaft ist in erster Linie der eklatante Wahlsieg der flämischen Nationalisten, aus dem Di Rupo und Co völlig richtig geschlussfolgert haben, dass es den Flamen mit ihrer Forderung nach einer möglichst weitgehenden Autonomie der Teilstaaten ernster gemeint ist als jemals zuvor. Und so ist die wallonische Seite auf eine Reihe von flämischen Wünschen eingegangen, bis dann vor etwa zwei Monaten die Frage auftauchte: Wer soll das bezahlen? Wie wird das Geld künftig zwischen der föderalen und der gliedstaatlichen Ebene verteilt?
Von dem Augenblick an lassen sich die Regierungsverhandlungen noch am besten mit dem Roulettebegriff "rien ne va plus" umschreiben. Denn als das Geld zur Sprache kam, prallten die Gegensätze erst recht aufeinander.
Einfach dargestellt sagen die Flamen: Für die neuen Kompetenzen, die die Gliedstaaten ausüben werden, tragen sie natürlich auch die finanzielle Verantwortung. Derweil wollen die Wallonen, dass das Geld auch in Zukunft so weit wie möglich vom Föderalstaat kommt. Für sie ist das die beste Garantie, dass die Wallonie und Brüssel finanziell lebensfähig bleiben, doch für die Flamen bedeutet dies, dass Flandern auch weiterhin für das frankophone Belgien die Zeche bezahlen muss. Um das Problem zu lösen, verhandelt man seit Wochen über ein neues Finanzierungsgesetz, doch aufgrund dieser Gegensätze bisher ohne Einigung.
Den Wallonen muss man jedoch fairerweise zugutehalten, dass sie auch beim Geld Zugeständnisse gemacht haben. Immerhin sollen vierzehn Milliarden Euro an Steuern von den Regionen künftig selbst erhoben werden. Doch was in den frankophonen Augen große Konzessionen sind, das sind für die Flamen, wie es N-VA-Chef Bart De Wever ausdrückt, "nichts weiter als Peanuts".
Genau genommen sind es aber auch Peanuts, über die man zurzeit streitet. Das Prinzip der teilweisen finanziellen Eigenverantwortung der Gliedstaaten ist akzeptiert, auch vom südlichen Landesteil. Jetzt müssten die Flamen, und vor allen Dingen Bart De Wever und seine N-VA, auch einen Schritt tun, selbst wenn das Erreichte nicht hundertprozentig ihren Wünschen entspricht. Immerhin ist die frankophone Seite bereit zu einer weitgehenden Kompetenzübertragung in Richtung der Teilstaaten und ist auch mit einem nicht mal unbedeutenden Schritt zur finanziellen Eigenverantwortung einverstanden.
Übrigens ist das auf flämischer Seite für die Sozialisten, die Grünen und zum Teil auch für die CD&V ausreichend. De Wever sollte bedenken, dass - wenn er jetzt immer noch nicht genug hat - schließlich alles verloren gehen könnte. Außerdem wäre er dann der Hauptverantwortliche für Neuwahlen, die zwar niemand will, an denen jedoch kein Weg vorbei führt, wenn die N-VA alles fordert und damit eigentlich den Beweis liefert, dass jene recht haben, die schon lange vermuten, dass die flämischen Nationalisten überhaupt keine Einigung wollen.