Preisexplosion, Inflation, Angst vor Rezession. Es sind wirtschaftlich und finanzpolitisch schwierige Zeiten. Die US-Notenbank Fed hat sich gerade erst zu einem doch spektakulären Schritt entschlossen: Der Leitzins wurde gleich um einen halben Prozentpunkt angehoben. Das gab es seit 22 Jahren nicht mehr. Jetzt richten sich alle Augen auf die Europäische Zentralbank. Früher oder später wird die EZB wohl nachziehen (müssen), Beobachtern zufolge wird das aber wohl erst ab Juli passieren. In die Praxis übersetzt heißt das aber unterm Strich, dass die Zeit der Niedrig- bzw. Negativzinsen wohl bald vorbei sein wird.
Auch Pauschalreisen werden teurer
Befeuert wird die Inflation vor allem durch die hohen Energiepreise. Die machen im Moment den Unternehmen und den Verbrauchern gleichermaßen das Leben schwer. Mit manchmal Auswirkungen, an die man vielleicht nicht sofort denkt. Wie die flämische Rundfunkanstalt VRT berichtet, müssen jetzt etwa auch Pauschalreisende mit unerwarteten Mehrkosten rechnen. Schuld sind wieder die stark gestiegenen Treibstoffpreise. Und das gelte natürlich auch für Kerosin, sagte Piet Demeyere, Sprecher des Reiseveranstalters TUI, in der VRT. Deswegen falle der Treibstoffzuschlag in diesem Jahr viel höher aus als sonst.
Die Erhöhung des Treibstoffzuschlags wird bei TUI ab Juni gelten. Und in der Tat: Hier geht es nicht um Kleckerbeträge. Für Reisen nach Griechenland etwa wird der Kunde rund 90 Euro pro Nase draufzahlen müssen, für Spanien-Urlauber beläuft sich der Zuschlag auf rund 70 Euro. Und wer eine Pauschalreise in die Karibik gebucht hat, der muss sogar mit einem Aufpreis von 300 Euro pro Person rechnen.
Hier geht es - wohlgemerkt - nur um Pauschalreisen. Wer nur Flugtickets gekauft hat, für den ändert sich nichts. Davon abgesehen legt jeder Tour Operator den jeweils erhobenen Aufschlag selbst fest. Diese Zahlen können also variieren. Dennoch: Ein weiteres Beispiel dafür, wie sehr sich unser Leben gerade verteuert. In allen Bereichen. "Und ausgerechnet jetzt will die EU auch noch Importstopps für russisches Öl durchsetzen", hört man dann schon Kritiker unken.
Verständnis für Unterstützung der Ukraine und für Sanktionen
Nun, glaubt man einer neuen Umfrage, dann zeigen viele Bürger durchaus Verständnis für die aktuelle Politik. Die Studie der Unis von Antwerpen und Brüssel wird von der VRT und der Zeitung De Standaard veröffentlicht. Demnach stößt die Haltung des Landes und auch der EU auf sehr große Zustimmung, wie auch Professor Stefaan Walgrave, Politikwissenschaftler an der Uni Antwerpen, in der VRT erklärt. Eine große Mehrheit der Flamen sei einverstanden damit, dass man Lebensmittel und Brennstoffe in die Ukraine liefert, dass man Flüchtlinge aus dem Land aufnimmt, dass man Waffen an die Ukraine liefert und dass man gegebenenfalls auch Soldaten in die Nachbarländer der Ukraine entsendet.
Rund sieben von zehn Flamen sind zudem der Ansicht, dass es richtig ist, dass man Wirtschaftssanktionen gegen den Aggressor Russland verhängt. Und das sogar dann, wenn die Strafmaßnahmen negative Auswirkungen auf unsere eigene Wirtschaft haben. Das war ausdrücklich so in der Frage vermerkt.
Die Butter und das Geld für die Butter
Ein bisschen paradox ist dann allerdings, dass die Mehrheit der Befragten zugleich der Ansicht ist, dass die Energiepreise gesenkt werden müssen. Und dass der Staat das notfalls übernehmen muss. Fast vier von zehn Flamen nehmen es dabei in Kauf, dass die Staatsschuld dadurch weiter ansteigt. Dass man das durch neue Steuern ausgleicht, das wollen die Leute nicht.
Im Grunde sagen die Menschen also, dass sie niedrigere Energiepreise wollen, ohne dass sie das irgendwie spüren, sagt Professor Stefaan Walgrave. Also: Die Butter und das Geld für die Butter, wie der Frankophone sagt.
Ganz klar geht jedenfalls aus der Umfrage hervor, dass der Flame - bei allem Verständnis für die Ukraine-Politik - vor allem an seinen Geldbeutel denkt. Was den Regierungen des Landes ganz klar anzeigt, wo die Priorität zu liegen hat. Die Zeitung De Standaard drückte es so aus: "Kaufkraft über alles".
Roger Pint