Manche Medien sagen: "Der Amsterdamer Flughafen hat den Kollaps verhindert". Andere bezeichneten das, was sich am vergangenen Samstag und Sonntag auf dem Flughafen Schiphol abgespielt hat, hingegen eher als "Chaos".
Aber was war da eigentlich los? Nun, der Flughafen hat zu wenig Personal, um mit großen Menschenmassen in den vorgesehenen Zeitfenstern fertig zu werden. Und zwar offenbar chronisch viel zu wenig Personal auf allen Ebenen. Angesichts des erwarteten Passagieraufkommens versuchte der Flughafen, die Notbremse zu ziehen. Er forderte die Fluglinien bereits vorab auf, bitte Flüge von und nach Schiphol abzusagen.
Das geschah teilweise auch, verhindert hat es das Chaos aber nicht: lange Schlangen bis draußen, stundenlanges Warten im Stehen, Menschen, die von der Feuerwehr mit Wasser versorgt werden mussten und so weiter. Wenig überraschend sieht sich der Flughafen Schiphol jetzt auch nicht nur einem Hagel von Kritik, sondern sogar Schadenersatzforderungen von unter anderem Fluglinien ausgesetzt. Und die große Sommerreisewelle kommt ja erst noch!
Nun reisen auch viele Belgier über Schiphol, von daher werden auch sie ein Auge auf die dortigen Entwicklungen haben. Ähnliches Ungemach könnte aber auch im eigenen Land drohen. "Solche Szenen seien absolut denkbar am Brussels Airport", bekräftigte Kurt Callaerts von der christlichen Gewerkschaft ACV Transcom in der VRT. Ganz sicher, wenn man nicht mehr Dampf mache bei der Anwerbung neuer Mitarbeiter.
Denn ein Problem mit sehr vielen offenen Stellen hat man auch hier. Die Ursachen sind im Prinzip die gleichen wie auch in Schiphol und anderswo: Während der Corona-Pandemie wurde viel weniger geflogen, weswegen sehr viele Flughafenmitarbeiter ihren Job verloren oder in Kurzarbeit mussten. Längst nicht allen von ihnen stand danach aber der Sinn danach, zurückzukommen. Hinzu kommt, dass es aktuell einen regelrechten Wettbewerb zwischen Firmen um qualifiziertes Personal gibt.
Der Brussels Airport habe also ohnehin Probleme, die offenen Stellen zu besetzen. Umso mehr wegen der dort üblichen Löhne und verlangten Flexibilität, betonte Gewerkschafter Callaerts. Durch den Konkurs des Gepäckabfertigers Swissport sei auch viel Erfahrung verloren gegangen. Aktuell suche der Flughafen noch über 200 Menschen für die Gepäckabfertigung. Aber auch bei der Flugsicherung Skeyes, bei der Flughafenbetreibergesellschaft und in anderen Bereichen fehle weiter Personal. Auf einem Flughafen müssten alle Rädchen ineinandergreifen, sonst laufe nichts, erinnerte Callaerts, deswegen müsse bei der Rekrutierung jetzt auch mal einen Gang höher geschaltet werden.
Das sieht nicht nur der Gewerkschafter so. Brussels-Airport-Geschäftsführer Arnaud Feist warnte ebenfalls vor einigen Wochen, dass im Sommer "operationelle Probleme" und eine "schwierige Zeit" drohen könnten, wenn nicht schnell über tausend neue Mitarbeiter gefunden werden könnten.
Dass noch immer viele Stellen besetzt werden müssen, das räumt auch Isabelle Borli ein, General Manager von Aviato, dem Arbeitsvermittler, der sich darum kümmern soll. Man habe bereits im Oktober letzten Jahres eine große Jobbörse organisiert, das sei ein erfolgreicher Start für die Rekrutierungskampagne gewesen. Es sei also nun wirklich nicht so, als ob man erst in letzter Minute, damit begonnen habe, sich um das Personalproblem zu kümmern.
Das sieht zum Beispiel auch der Luftfahrtexperte Luk de Wilde in der Zeitung Het Nieuwsblad so: Dass der Brussels Airport frühzeitig angefangen habe mit seiner Jobkampagne, das sei von Vorteil. Es bedeute aber keineswegs, dass es deswegen einfach werde, in den acht Wochen bis zu den Sommerferien nicht nur ausreichend Personal zu finden, sondern es auch noch entsprechend schulen zu können.
Borli jedenfalls blickt dem Sommer zuversichtlich entgegen: Die Osterferien seien für den Brussels Airport auch eine sehr geschäftige Zeit gewesen - ohne dass es auch nur einziges Problem gegeben habe. Sie glaube, dass die Prozesse gut eingespielt seien, deswegen sei man sicher, dass es auch für den Sommer keine Probleme geben werde.
Boris Schmidt