Eigentlich ist es eine Entwicklung, die schon Mitte 2020 während der Corona-Krise begonnen hat. Schon die hat nämlich dafür gesorgt, dass weltweit bestimmte Güter knapper wurden. Sei es durch Arbeitskräftemangel bei der Produktion, durch den viel komplizierter gewordenen Transport oder durch andere mit der Pandemie zusammenhängende Probleme.
Das bestätigte am Montagmorgen auch Carole Dembour in der RTBF. Dembour ist Ökonomin bei der Fevia, dem belgischen Verband der Nahrungsmittelindustrie. Die Kosten für alle Rohstoffe seien gestiegen, so Dembour: über Speiseöl, Getreide und Milch bis hin zu den Verpackungen und natürlich auch dem viel teurer gewordenen internationalen Transport von Gütern per Container etwa.
Aktuell bereitet dabei - neben Getreide - vor allem ein Rohstoff Sorge: das Speiseöl, das für die Herstellung enorm vieler Lebensmittel unerlässlich ist. Dessen Preisentwicklung ist, global betrachtet, schwindelerregend. In den letzten zwei Jahren betrage die Preissteigerung bei Öl fast 100 Prozent. So eine Entwicklung habe es vorher noch nie gegeben.
Indonesischer Exportstopp für Palmöl
Begonnen hat das alles wie gesagt bereits während der Gesundheitskrise, aber der Angriff Putins auf die Ukraine hat dann noch wie ein Brandbeschleuniger gewirkt. Und das ist aktuell auch nicht der einzige Faktor, der die "Öl-Krise" des Lebensmittelsektors verschlimmert. Ende letzter Woche hat Indonesien nämlich ein Exportverbot für Palmöl erlassen.
Der Grund: Durch explodierende Preise auf dem Weltmarkt ist Palmöl in Indonesien selbst knapp geworden – und das, obwohl das Land der weltgrößte Hersteller dieses Öls ist. Das hat sogar zu Unruhen geführt, weil die Menschen im Land sich ihr eigenes Öl schlicht nicht mehr leisten konnten. Der Ukraine-Krieg hatte sich auf die Weltmarktpreise und damit auf den Mangel noch verstärkend ausgewirkt. Letztlich musste die indonesische Regierung also die Notbremse ziehen, um zu versuchen, die Kontrolle nicht zu verlieren.
Das aber hat wiederum teilweise dramatische Folgen für die Importeure indonesischen Palmöls. Auch in Europa wird man das zweifelsohne zu spüren bekommen, denn Palmöl wird bei der Herstellung aller möglichen Produkte eingesetzt, von Lebensmitteln bis hin zu Kosmetika.
Viele Hersteller, zumindest auf dem belgischen Markt, hätten sich zwar schon in der Vergangenheit von dem aus anderen Gründen umstrittenen Palmöl abgewandt, erklärte Dembour. Aber dennoch werde man auch hierzulande die Folgen des indonesischen Exportstopps für Palmöl zumindest indirekt spüren.
Dadurch, dass Palmöl auf dem Weltmarkt knapper und teurer werde, schauten sich die Produzenten natürlich nach Öl-Alternativen um, sei es nun aus Sonnenblumen, Raps oder auch Soja. Das bedeute, dass auch die Preise für diese Öle auf dem Weltmarkt stark stiegen. Wobei gerade die Preise für Sonnenblumenöl wegen des Ukraine-Kriegs ohnehin bereits unter Druck stünden.
Preissteigerungen auf alle Schultern verteilen
Das ist also die unangenehme Situation, mit der sich die allermeisten Hersteller von Lebensmitteln gerade konfrontiert sehen. Sie können die Preissteigerungen auch nicht einfach so an den Handel und letztlich zumindest teilweise an den Endkunden weitergeben. Das Problem ist nämlich, dass die Produzenten preislich durch jährliche Verträge an die Handelsketten gebunden sind. Die laufenden Verträge berücksichtigen also oft die jüngsten Preisexplosionen nicht.
Neuverhandlungen dieser Verträge sind extrem schwierig und damit ist die produzierende Nahrungsmittelindustrie vor allem auf den guten Willen der Händler angewiesen. Der Verband hoffe dennoch, dass es gelingen werde, die Preissteigerungen einigermaßen fair auf den Schultern aller zu verteilen, so die Fevia-Expertin, sprich der Hersteller, der Händler und zum Teil natürlich auch der Kunden.
Sie warnt aber auch davor, in naher Zukunft mit einer Besserung der Situation zu rechnen. Denn selbst wenn der Ukraine-Krieg schnell beendet würde, wonach es ja ohnehin nicht wirklich aussieht, würde es in jedem Fall Monate dauern, bis sich der Markt wieder einigermaßen stabilisieren könne. Man gehe davon aus, dass die hohen Preise anhalten würden. Aber man hoffe, dass zumindest der Peak bald erreicht werde. Mit sinkenden Preisen solle man aber so bald nicht rechnen, warnte Dembour.
Boris Schmidt
Sonnenblumenöl kann durch heimisches Rapsöl ersetzt werden; nicht wenige Lebensmittelhersteller tun dies bereits.
Die Frage ist, ob sich nicht auch Palmöl durch modifiziertes Rapsöl ersetzen lässt.