Viel ist es nicht, was man bisher an gesicherten Erkenntnissen hat. Die WHO hat bisher 169 Fälle mit dieser mysteriösen Hepatitis gezählt. Diese Fälle sind in zwölf westlichen Ländern aufgetreten, darunter Großbritannien, Spanien, Norwegen, die USA und seit Sonntag auch Belgien mit einem ersten Fall. Betroffen sind ausschließlich Kinder und Jugendliche. Die Altersspanne reicht vom Säuglingsalter bis zum Teenager. Die meisten sind allerdings Kleinkinder bis fünf Jahre.
Viele von den erkrankten Kindern hatten deutlich erhöhte Leberwerte und Gelbsucht. Viele waren so schwer krank, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten. 17 Kinder konnten nur durch eine Lebertransplantation gerettet werden. Ein Kind ist gestorben.
Die Ursache ist noch völlig unklar. Nur eins steht fest: Die klassischen Hepatitis-Viren, die Leberentzündungen in den meisten Fällen auslösen, scheiden aus, denn die wurden bei keinem der erkrankten Kinder gefunden. Es gibt jedoch eine Spur, die die Experten weiterverfolgen: Bei 74 Patienten wurden Adenoviren nachgewiesen. Diese Viren sind normalerweise unter Kindern und Jugendlichen weit verbreitet und lösen eher harmlose Symptome aus. Aber weil ein auffallend hoher Anteil von Hepatitis-Patienten eben auch diese Adenoviren aufweist, wollen die Forscher untersuchen, ob ein Zusammenhang besteht.
Dass diese eher harmlosen und noch dazu bekannten Viren auf einmal so eine schwere Erkrankung verursachen, dafür gibt es zwei mögliche Erklärungen und beide hängen mit der Corona-Pandemie zusammen. Es könnte sein, dass die Kinder empfindlicher auf Adenoviren reagieren, weil diese Erreger während der Pandemie weniger übertragen wurden, also eine geringere Immunität infolge der Abstands- und Hygieneregeln. Möglichkeit Nr. 2: Die Hepatitis entsteht durch Zweifachinfektionen - also, wenn sich Kinder gleichzeitig oder kurz hintereinander mit Corona- und Adenoviren infizieren. Einen Zusammenhang mit der Corona-Impfung können die Experten ausschließen, denn die große Mehrheit der Hepatitis-Patienten ist ungeimpft.
Das Gesundheitsinstitut Sciensano begibt sich jetzt auf die Suche nach möglichen weiteren Fällen. Kinderärztin Ruth Debruyne vom Uniklinikum Gent sieht keinen Grund zur Panik, aber erhöhte Aufmerksamkeit sei auf jeden Fall angebracht.
vrt/belga/dpa/sh