Wir starren immer länger auf Smartphone-Bildschirme. Inzwischen sind es 188 Minuten täglich. Das ist das Ergebnis der jährlichen Digimeterstudie, die unter anderem von der Uni Gent durchgeführt wird.
Die Studie hat sich zwar nur mit Flandern beschäftigt, aber es wird wohl in ganz Belgien ähnlich sein. Der Lockdown hat diese Bildschirmzeit mit einem Schlag um 35 Minuten pro Tag anwachsen lassen, aber selbst ohne Lockdown hat sich unsere Bildschirmzeit nicht wesentlich verkürzt.
Zeitfresser Social Media
Die Zeit vor dem Smartphone verbringen die meisten Menschen mit Social Media: 75 Minuten täglich. Vor allem Facebook ist ein echter Zeitfresser, wenn auch mit abnehmender Tendenz. Gerade die Jüngeren wandern immer stärker ab Richtung Tiktok, einer chinesischen App für kurze Videos. Und die Forscher der Digimeterstudie sagen, dass Tiktok vor allem eine Konkurrenz für das klassische lineare Fernsehen darstellt.
Wer als junger Erwachsener bei den Eltern auszieht, der verzichtet in der eigenen Wohnung immer öfter aufs lineare Fernsehen. Ein Viertel der 24- bis 35-Jährigen tut das bereits. Statt für das klassische Fernsehen entscheidet sich gerade diese Altersgruppe für Streamingdienste. Das gilt aber auch für die Älteren. Netflix erreicht in Flandern schon fast die Hälfte der Bevölkerung. Da verwundert es auch nicht, dass nur noch fünf Prozent der Studienteilnehmer sagen, dass das Fernsehen für sie unverzichtbar ist. Zum Vergleich: Vom Smartphone sagen das 53 Prozent.
Laut der Digimeterstudie ist das Smartphone mittlerweile auch das zentrale Gerät, um Musik zu hören, Nachrichten zu lesen oder zu schauen oder auch um Bankgeschäfte zu tätigen. Auch sind die Bürger immer mehr bereit, mit den Behörden über Online-Kanäle zu kommunizieren. Ein Beispiel: Die App ItsMe war vor zwei Jahren nur zehn Prozent der Flamen ein Begriff, jetzt ist sie bei 70 Prozent bekannt - da hat das Covid-Safe-Ticket wohl einen beachtlichen Anteil dran.
Neue Sorgen
Vor Corona hatten auch deutlich mehr Menschen Vorbehalte gegen das Onlineshopping. Die Sorgen um die Sicherheit sind stark zurückgegangen, die Zahl der Onlineeinkäufe dafür stark gestiegen. An diesem Verhalten hat sich bisher auch wenig geändert. Die Vorbehalte gegen die digitale Welt haben abgenommen.
Dabei sind die Ängste nicht verschwunden, aber es sind andere geworden. Laut der Studie machen sich immer mehr Nutzer Sorgen um ihre Abhängigkeit von Social Media, um Fake News in den Sozialen Netzwerken und auch um den möglichen Missbrauch von persönlichen Daten. Daher lassen auch immer mehr Nutzer bewusst die Finger von bestimmten Apps oder stellen ihr Smartphone bewusst auf "stumm", damit sie nicht bei jedem Klingeln nachschauen, welche Nachricht sie sich nun anschauen sollen.
Man ist doch oft Getriebener vom eigenen Telefon - und dessen sind sich viele auch bewusst. Das geht so weit, dass sogar immer mehr Jüngere sagen, dass ihnen der Fortschritt zu schnell geht. Fast ein Fünftel von ihnen sagt, dass sie auf bestimmte digitale Anwendungen verzichten, weil sie Angst haben, etwas falsch zu machen, was sie anschließend nicht mehr korrigieren können.
Olivier Krickel