In der Studie der Uni Gent geht es um geschlechtsspezifische Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt. Wie die beiden Forscher Stijn Baert und Hannah Van Borm am Donnerstag in De Morgen erklären, stimme es nicht, dass Frauen auf dem Arbeitsmarkt generell benachteiligt werden. Es stimme aber, dass bestimmte Stereotypen ins Spiel kämen. Frauen werden als sozialer, hilfsbereiter und kreativer angesehen. Andererseits wird ihnen nachgesagt, dass sie eher zerstreut und weniger durchsetzungsfähig sind.
Diese Art von Stereotypen findet man aber auch bei Männern. Wenn man den gesamten Arbeitsmarkt betrachte, gleichen sich diese positiven und negativen Wahrnehmungen aus, so die Forscher. Männer und Frauen hätten etwa die gleichen Chancen, in die nächste Bewerbungsrunde zu kommen, sagt Baert. Allerdings sei in bestimmten Situationen entweder ein Mann oder eine Frau im Vorteil.
Prototyp Frau in westlicher Welt
Um die geschlechtsspezifische Diskriminierung zu untersuchen, haben die Forscher 290 Personalverantwortliche in den Vereinigten Staaten fiktive Stellenbewerber beurteilen lassen. Die Untersuchung fand im April und Mai 2021 statt. Auffallend war dann, dass bei Frauen nicht nur das Geschlecht eine wichtige Rolle spielt. Die Stereotypen variieren auch je nachdem welchem Typ Frau die Frauen zugeordnet werden. Hannah Van Borm erklärt, dass es in der westlichen Welt so etwas wie einen Prototyp Frau gibt - die junge, weiße Frau, die zu Hause bleibt und sich um die Kinder kümmert.
Je mehr man sich dem anpasst, desto mehr werden sich die negativen Stereotypen über Frauen gegen einen richten, wenn man sich um eine Stelle bewirbt. Die Schlussfolgerung: Frauen, die in ihrem Lebenslauf eine Lücke aufweisen, weil sie ihre Kinder betreut haben, werden von Personalverantwortlichen als weniger durchsetzungsfähig und körperlich weniger leistungsfähig wahrgenommen. Van Borm schlussfolgert: Frauen zahlen einen hohen Preis für die Mutterschaft.
Durchsetzungsvermögen in den Vordergrundstellen
Laut Stijn Baert kann es nicht schaden, sich als Frau darauf einzustellen, wenn man sich um eine Stelle bewirbt: Man soll vor allem sein Durchsetzungsvermögen in den Vordergrund stellen. Seiner Meinung nach liegt die wichtigste Aufgabe jedoch bei anderen - nämlich beim Staat. Der sollte den Elternurlaub gleichmäßiger auf die Eltern verteilen, den Zugang zur Kinderbetreuung erleichtern und Tests organisieren, um geschlechtsspezifische Diskriminierungen aufzudecken.
Ein Tipp am Donnerstag in De Morgen von Bieke Purnelle, Leiterin des Zentrums für Gender und Feminismus RoSa: Auch anonyme Bewerbungen können hilfreich sein. Auf diese Weise könne man sehr hartnäckige Vorurteile ausräumen. Sie sagt auch, warum sollte zum Beispiel eine Frau fürsorglich sein und ein Mann nicht? Schließlich sollte Mutterschaft nicht als Hindernis betrachtet werden, sondern als ein Faktor, der Mitarbeiter auch effizient und stressresistent macht, also einen positiven Effekt auf die Arbeitswelt hat.
demorgen/lo