Die Moslemexekutive sieht sich bereits seit Jahren teils sehr heftiger Kritik ausgesetzt, nicht nur vonseiten des Justizministers. Man habe feststellen müssen, dass die Organisation schon lange nicht mehr alle Muslime in Belgien angemessen repräsentiere, unterstrich Justizminister Van Quickenborne am Freitagmorgen bei Radio Eén.
Sie sei auch nicht transparent und ihre Arbeitsweise sei auch nicht professionell, fasste er die bereits zuvor vorgebrachten Vorwürfe noch einmal zusammen. Außerdem gibt es schon länger schwere Vorwürfe über ausländische Einflussnahme auf die Moslemexekutive, vor allem durch die Türkei und Marokko.
Und zu allem Überfluss wurde der Vorsitzende der Moslemexekutive auch noch in die Nähe der Verbreitung extremistischen Gedankenguts gestellt. All das hatte dazu geführt, dass der Justizminister schon im Herbst die Exekutive gründlich von der Staatssicherheit hatte durchleuchten lassen.
Unzureichender Reformplan
Van Quickenborne habe der Exekutive wegen ihrer Versäumnisse bereits zwei Mahnschreiben zustellen lassen, im Juli und im Oktober des letzten Jahres. Die Erneuerung der Mitglieder der Organisation habe auch bereits im März 2020 erfolgen müssen. Aber selbst zwei Jahre später sei das noch immer nicht geschehen.
Der Reformplan, den die Exekutive diesbezüglich vor Kurzem vorgeschlagen hatte, sei unzureichend gewesen, so Van Quickenborne. Er hätte nämlich sogar noch einen Rückschritt bedeutet, anstatt eine Verbesserung einer bereits problematischen Situation, bemängelte der Justizminister weiter, der auch die vielen verpassten Chancen beklagte.
Prozedur zur Aberkennung eingeleitet
Diese Exekutive - in ihrer jetzigen Form - könne in keinem Fall länger ein Ansprech- und Gesprächspartner sein, so die deutliche Ansage. Deswegen habe Van Quickenborne beschlossen, die Prozedur zur Aberkennung der Funktion als offizielle Vertretung der Muslime einleiten zu lassen.
Natürlich habe die Exekutive jetzt zunächst das Recht, in der Angelegenheit gehört zu werden und auch, Widerspruch einzulegen. Schließlich sei Belgien ein Rechtsstaat.
Finanzielle Unterstützung
Sollte die Anerkennung der Moslemexekutive letztlich aber tatsächlich zurückgezogen werden, dann würde das nicht nur ein Ende ihrer Rolle als repräsentatives Organ bedeuten, sondern auch ein Ende der finanziellen Unterstützung durch den Staat. Die beträgt in etwa 600.000 Euro pro Jahr. Es könne nicht sein, dass weiter Steuergelder ausgegeben würden für eine Organisation, die jegliche Legitimität verloren habe.
Das bedeute aber nicht, dass alles lahmgelegt werde, betonte der Minister. So gebe es ja auch noch ein administratives Organ, das etwa für Islam-Berater, Islam-Lehrer und deren Ausbildung verantwortlich sei.
Und die Anerkennung einzelner Moscheen sei weiterhin möglich, durch die Teilstaaten mit Unterstützung und Beratung durch den Föderalstaat und die Sicherheitsbehörden.
Wie es mit der Moslemexekutive weitergehen wird oder soll, wird sich also noch zeigen müssen. Der Justizminister jedenfalls hofft, dass es zu einer grundsätzlichen Erneuerung kommen wird.
Minister hofft auf modernen Islam
Der Minister setze auf die vielen im Land geborenen und aufgewachsenen jungen, gut ausgebildeten Muslime, so Van Quickenborne. Muslime, die ihren eigenen Islam leben und gestalten wollten, unabhängig und ohne Einflussnahme durch ausländische Mächte.
Muslime, die einen modernen, belgischen Islam wollten, der kompatibel sei mit den Rechten und Pflichten, mit den Grundrechten, mit der Gleichheit von Männern und Frauen. Er hoffe, dass sein Vorgehen ein Hebel sein könne, um solchen Menschen einen Platz in der Moslemexekutive zu ermöglichen.
Auf lange Sicht könnten sie dann eine neue Organisation bilden, die eben repräsentativ für alle Muslime im Land sei, so die Hoffnung des Justizministers. Die Moslemexekutive selbst bezeichnete die Entscheidung des Justizministers derweil als nicht hinnehmbar.
Man sei erstaunt und enttäuscht, ließ der Vorsitzende der Moslemexekutive mitteilen. Aber es stehe nicht dem Justizminister zu, über die Exekutive zu urteilen. Das könne nur die muslimische Gemeinschaft des Landes tun.
Boris Schmidt
"Minister hofft auf modernen Islam" Diese Hoffnung wird von Vielen geteilt. Tatsächlich ist diese Exekutive alles andere als repräsentativ für die muslimische Glaubensgemeinschaft in unserem Land. Der moderne Islam sollte dann aber auch von der Politik unterstützt werden. Eine Nagelprobe wird auf jeden Fall die baldige Entscheidung der Region Brüssel-Hauptstadt über das Verbot des betäubungslosen Schächtens sein. Die wallonische und die flämische Region haben das bereits parteiübergreifend beschlossen und der EuGH hat die Entscheidungen nach Einsprüchen gut geheissen. Gespannt sein darf man allerdings auf das Verhalten von ECOLO und PS. Aus purem Klientelismus plädieren beide Parteien in Bxls zzt. noch für den status quo. Damit wäre aber weder dem modernen Islam und am Allerwenigsten dem Tierschutz gedient, zumal inzwischen sogar die Mehrheit der Brüsseler Muslime das betäubungslose Schächten ablehnt.
Diesen modernen belgischen Islam gibt es nicht. Das ist Wunschdenken.
Der Islam in Belgien ist die Religion von Einwanderern aus sehr verschiedenen Ländern.Und deshalb gibt es große Unterschiede zwischen den Moslems.Die Idee, diese sehr unterschiedlichen Moslems in einer Organisation zusammen zu führen, konnte nicht funktionieren.Ist als würde man versuchen, Feuer und Wasser zu mischen.
Der Staat sollte besser mit jeder Moschee einen Vertrag abschließen und genaue Modalitäten festlegen. So kann man auch besser die gemäßigten unterstützen.
Ziemlich naiv, auf einen "modernen Islam", generell auf "moderne Religionen" zu hoffen! Staat und jede Religion sind zu strikt trennen, religiös motivierte Gesetzesbrecher entsprechend zu sanktionieren. Religionsgemeinschaften können sich zum Beispiel als VoG/ ASBL/ VZW organisieren.
Sehr gute Idee: nicht weiter Steuergelder für Organisationen ausgeben, die jegliche Legitimität verloren haben. Bitte Herr Van Quickenborne, ohne wenn und aber: machen!