Hunde müssen raus, um ihre "Geschäfte" zu erledigen. Mehrmals am Tag, das ist der Lauf der Natur. Aber ausgerechnet für die Natur kann das zu einem Problem werden, genauer gesagt für Naturschutzgebiete.
Eigentlich sagt man ja, dass Dünger - und um nichts anderes handelt es sich bei den Ausscheidungen ja letztlich - gut für das Wachstum von Pflanzen ist. Aber das gilt eben nicht für alle Pflanzen, schon gar nicht, wenn es sich um eine Überdüngung handelt.
Problem der Überdüngung: Stickstoff und Phosphor
Die kann nämlich seltenen Pflanzen sogar schaden, insbesondere in empfindlichen Ökosystemen. Weniger erwünschte Pflanzen, die dank des vielen Düngers gut gedeihen, können so überhandnehmen. Und das kann sich dann auch auf die Vielfalt an Insekten, Schmetterlingen und Vögeln auswirken.
Dabei geht es vor allem um Stickstoff und Phosphor. Die können der Pflanzen- beziehungsweise Biodiversität schaden, wie Pieter De Frenne bei Radio 2 erklärte. De Frenne ist Bioingenieur und Professor an der Universität Gent und einer der Autoren der Studie.
Ganz grob zusammengefasst haben die Wissenschaftler 18 Monate lang in vier Genter Naturschutzgebieten Hunde gezählt. Daraus haben sie unter Berücksichtigung verschiedener Annahmen zur Modellierung errechnet, wie viel Stickstoff und Phosphor über die Hinterlassenschaften von Hunden pro Jahr und Hektar potenziell maximal eingebracht werden könnten.
Diese Berechnungen sollen auch auf vergleichbare Situationen andernorts übertragbar sein. Schätzungen gehen von bis zu 90 Millionen Hunden in Europa aus. Durchschnittlich elf Kilogramm Stickstoff und fünf Kilogramm Phosphor können auf diese Weise pro Hektar und Jahr zusätzlich in die Natur eingetragen werden, so De Frenne.
Auswirkung der Hunde-Hinterlassenschaften bislang vernachlässigt
Das ist insofern belangreich, als dass Hunde in dieser Hinsicht bislang vernachlässigt worden seien. Als Hauptschuldige galten bislang vor allem die Landwirtschaft, der Verkehr und die Industrie. Für die wird von einem Stickstoffeintrag pro Hektar und Jahr zwischen fünf und 25 Kilogramm ausgegangen, also einem Wert, der sich in der gleichen Größenordnung bewegt wie bei den Hundeexkrementen.
Das bedeutet, dass die Auswirkungen von Hundekot und -urin viel bedeutender sein könnten als bisher angenommen. Und hier kommt noch ein anderer Faktor zum Tragen: Manche Hunde dürfen sich freilaufend erleichtern, andere sind angeleint, das hängt neben den Haltern auch von den lokalen Vorschriften ab.
Angeleinte Hunde können natürlich für lokal viel, viel höhere Stickstoff- und Phosphorwerte sorgen, etwa an den Rändern von Pfaden oder Waldwegen. Dadurch können teilweise lokal so hohe Konzentrationen herauskommen, dass sie zum Beispiel auf Ackerland schon illegal wären.
Hunde sind übrigens in dieser Hinsicht auch viel problematischer als etwa Schafe, Rinder und ähnliche Tiere, die ja auch oft in Naturschutzgebieten grasen. Hunde sind nämlich Fleischfresser und bekommen im Normalfall zu Hause eine relativ proteinreiche Nahrung. Das führt dazu, dass ihr Kot und Urin viel Stickstoff und Phosphor enthält.
Forscher: Sensibilisierung von Hundebesitzern notwendig
Es gehe aber nicht darum, alle Hunde aus allen Wäldern und Naturschutzgebieten zu verbannen, unterstrich De Frenne, das sei sicher nicht das Ziel. Aber die Hundebesitzer müssten für ein Problem sensibilisiert werden, dessen sie sich bislang meist gar nicht bewusst waren.
Denn eine Änderung ihres Verhaltens kann sich nach den Berechnungen der Wissenschaftler sehr stark auswirken. Wenn die Besitzer ihre Hunde etwa, wie meist vorgeschrieben, an der Leine führten, würde die Überdüngung zunächst lokal stärker eingegrenzt.
Durch das Einsammeln des Kots könne außerdem der Stickstoffeintrag um 56 Prozent verringert werden, der von Phosphor sogar um 97 Prozent. Und auch die für die Naturschutzgebiete zuständigen Behörden könnten Lehren ziehen.
So könnten etwa mehr Hundeklos und Freilaufzonen außerhalb der besonders empfindlichen Gebiete eingerichtet werden beziehungsweise, wo nötig, Hunde auch tatsächlich nicht mehr zugelassen werden, so De Frenne.
Boris Schmidt