"Stalken" oder "Stalking" - das kann man frei mit "nachstellen" übersetzen. Ursprünglich war das vor allem im physischen Sinn gemeint, aber die neuen Technologien haben natürlich schon längst eine digitale Version davon hervorgebracht - wobei das digitale Stalking oft nur ein Hilfsmittel zum physischen Nachstellen ist.
Software, die von Personen auf Smartphones installiert wird, um andere aus meist privaten Interessen auszuspionieren, wird als "Stalkerware" bezeichnet. Sehr oft geht es um das Stalken von Partnern, Ex-Partnern oder Ähnlichem. Stalkerware sei so etwas wie das "Pegasus" für Arme oder für den Alltagsgebrauch, erklärte der Journalist Kristof Clerix bei Radio Eén.
Clerix hat einen ausführlichen Artikel über das Thema geschrieben, der am Mittwoch im flämischen Wochenmagazin "Knack" erschienen ist. "Pegasus" ist die Spionage-App eines israelischen Unternehmens, mit der vor allem staatliche Akteure unliebsame Menschen und Gegner ausspionieren.
Einen großen Unterschied gibt es allerdings: Während "Pegasus" aus der Ferne unbemerkt auf dem Smartphone des Opfers installiert werden kann, braucht der Täter bei Stalkerware tatsächlich zumindest kurzfristigen Zugang zu dem Gerät, um die Software heimlich darauf zu platzieren. Einmal installiert, beginnt der Spion seine Arbeit und übermittelt fleißig Daten an seinen Auftraggeber.
Potenziell Zugriff auf alles
Je nachdem, welche App der Täter benutzt, kann der Zugriff der Stalkerware dabei sehr, sehr weit reichen. Fotos, Anrufe, Internetsuchen - eigentlich hat der Stalker potenziell Zugriff auf alles, was sich auf dem Smartphone tut - das Ganze, abgesehen vom Kaufpreis für die App selbst, für eine monatliche Gebühr zwischen meist 20 und 30 Euro.
Diese Stalkerware-Apps findet man nicht etwa in zwielichtigen Geschäften unter der Ladentheke, bei skrupellosen Händlern für Spionagebedarf oder im "Darkweb". Diese Apps können sozusagen "legal" gekauft werden in den regulären App-Shops. Das liegt daran, dass die Verkäufer sie nicht als Stalkerware deklarieren, sondern als Apps für einen anderen Zweck tarnen - typischerweise etwa als Apps, die angeblich auf den Handys von Kindern zu deren Sicherheit installiert werden.
Diese Stalker-Apps arbeiten relativ unsichtbar im Hintergrund. Nichtsahnende Opfer werden sie im Normalfall eher nicht entdecken, wenn sie nicht aus anderen Gründen stutzig werden und danach suchen. Zu diesen Gründen kann etwa auffälliges Verhalten des Täters führen, das nahelegt, dass er sein Opfer ausspioniert. Es gibt aber auch einige technische Indizien - etwa, dass der Handy-Akku auffällig schnell zur Neige geht, dass unbekannte Apps ständig im Hintergrund laufen oder ungewöhnlich hoher Datenverkehr, so Clerix.
Ausspionieren des Partners strafbar
Der Journalist mahnt aber auch ausdrücklich zur Vorsicht: Den Täter zu konfrontieren oder zu versuchen, die Stalkerware zu deinstallieren, könne zum Beispiel im Kontext von Partnergewalt ein großes Risiko darstellen. Die Gesetzeslage in Belgien sei allerdings unmissverständlich. Das Ausspionieren des Partners ohne dessen Wissen und Zustimmung sei für die Polizei Hacken - und Hacken sei strafbar, betonte Clerix.
Er empfiehlt, ein Antiviren-Programm zu nutzen und immer die neuesten Updates zu installieren. Bei einem begründeten Verdacht könne man auch ein Sicherheitsunternehmen das Gerät untersuchen lassen. Falls dabei Stalkerware gefunden wird, sollte man bei der lokalen Polizei Anzeige erstatten.
Die Behörden hätten bisher keine gute Sicht auf das Ausmaß des Problems, was dazu führe, dass es unterschätzt werde. Bei der Datenschutzbehörde oder dem Zentrum für Cybersicherheit seien bislang auch nur relativ wenige Klagen eingegangen.
Die großen Entwickler von Computersicherheitssoftware hätten ein klareres Bild über die Rückmeldungen ihrer Antivirenprogramme. Dann spreche man doch über Tausende mit Stalkerware infizierte Geräte in Belgien - wobei das wohl nur die berüchtigte Spitze des Eisbergs sei.
Boris Schmidt