Der Bericht der Staatssicherheit erscheint nur wenige Tage nach einem Interview mit Serge Lipszyc, dem Vorsitzenden des Komitees R, in dem er vor einer ernsthaften Bedrohung unserer Institutionen - insbesondere der Armee - warnte, die von der extremen Rechten infiltriert worden sei.
Pascal Petry, Generaldirektor der Staatssicherheit, erklärte am Dienstagmorgen in der RTBF, die Sache sei nicht ganz so eindeutig. „Ja, in Belgien gibt es definitiv einen Aufschwung der extremen Rechten. Ob sie sich in unsere Institutionen einschleusen und gefährden wollen, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht bestätigen“, so Petry.
Vor allem die Affäre Jürgen Conings hatte hier auf ein mögliches Problem aufmerksam gemacht. Zur Erinnerung: Conings war ein rechtsextremer Soldat, der sich mit einer Ladung Waffen aus seiner Kaserne aufgemacht hatte, einen Anschlag zu verüben, unter anderem auf den bekannten Virologen Marc van Ranst. Das hatte Conings jedenfalls so angekündigt. Dazu ist es aber nicht gekommen. Schon kurz nach seiner Flucht beging Conings in einem Waldstück Selbstmord. Seine Leiche wurde erst nach einer wochenlangen großen Suchaktion gefunden.
Vor diesem Hintergrund erklärt die Nummer zwei der Staatssicherheit, Pascal Petry, dass man eine Zeitlang eine Radikalisierung innerhalb der Armee nicht in Betracht gezogen hat. Toleriert habe man es aber auch nicht. Doch es hat Fehler gegeben. Das habe auch die Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder zugegeben, so Petry. Manche Dinge habe die Armee einfach falsch beurteilt, wie zum Beispiel in Bezug auf den Zugang von Jürgen Conings zu einem Waffenlager. „Fehler und Fehleinschätzungen ja“, sagt Petry, „aber keinen Willen, rechtsextreme Bewegungen zu unterstützen.“
Auf der anderen Seite beobachtet die Staatssicherheit seit Beginn der Corona-Pandemie, dass unterschiedliche Gruppierungen dabei sind, ihre radikalen Botschaften zu verbreiten und damit versuchen, Staat und die demokratischen Institutionen zu destabilisieren. Das machten sie nicht alleine, sondern zu mehreren, denn andernfalls mache das auch keinen Sinn. Schließlich gehe es ja darum, die Botschaft zu verbreiten, sich gegenseitig auszutauschen und sich gegenseitig in seinen Ideen zu bestätigen.
Dabei screent die Staatssicherheit das, was verschiedene radikale Gruppierungen und Personen in den sozialen Medien schreiben. Werden dabei gezielt Falschinformationen verbreitet, versucht die Staatssicherheit in manchen Fällen diese richtigzustellen. Nach Ansicht von Petry ist das auch eine ihrer Aufgaben, dass die Bürger ihren kritischen Geist erhalten.
„Nicht alles was man in den sozialen Medien liest“, so Petry, „entspricht auch immer der Wahrheit“. Aufgrund mangelnder Ressourcen kann die Staatssicherheit aber nur jedes fünfte Dossier weiterverfolgen. "Wir können nicht allem nachgehen, wir müssen Prioritäten setzen. Nach der Terrorismusabwehr der letzten Jahre beschäftigen wir jetzt uns mit religiösem und politischem Radikalismus“, erklärt Pascal Petry. Doch Besserung scheint in Sicht. Die aktuelle Regierung hat versprochen, dass bis Ende der Legislatur jedes Jahr 140 Personen neu eingestellt werden können.
Volker Krings