Wie dramatisch sich der Gaspreis entwickelt hat, das sieht man auch auf vielen Titelseiten: Im Vergleich zum 28. September letzten Jahres ist der Gaspreis pro Megawattstunde von 12,35 Euro auf 84 Euro am Dienstag gestiegen. Eine Zunahme um 580 Prozent. In der Folge des Gaspreises steigt bekanntermaßen auch der für Elektrizität. Außerdem sind auch die Preise für Steinkohle, Rohöl und so weiter hochgegangen.
Die Nervosität auf den Märkten ist enorm, manche Beobachter sprechen sogar von panikartigen Reaktionen auf Gerüchte über reduzierte Gaslieferungen oder Vorhersagen eines strengen Winters. Die jetzige Situation hat zunächst einmal geopolitische Implikationen: Wer den Gashahn kontrolliert, hat plötzlich viel mehr Macht als vorher.
Energiearmut
Aber jenseits dieser für den Normalbürger hierzulande doch eher abstrakten Erwägungen geht es auch um ganz handfeste Folgen. Zum Beispiel für den Staat. Höhere Energiepreise wirken sich etwa direkt auf die Heiz- und Beleuchtungskosten für öffentliche Gebäude wie Schulen aus. Wenn Wirtschaft und Industrie höhere Produktionskosten an die Verbraucher weitergeben, dann befeuert das die Inflation zusätzlich. Und schließlich treffen höhere Energiepreise die Schwächsten überproportional hart, Stichwort Energiearmut. Die bereits vorhandene Ungleichheit in der Gesellschaft wird also weiter verstärkt.
Mehr als genug Gründe also, etwas dagegen zu tun. Aber das ist natürlich viel leichter gesagt als getan. Gerade ein so kleines Land wie Belgien hat so gut wie keinen Einfluss auf die Gestaltung der Energiepreise auf dem Weltmarkt. Der Handlungsspielraum für Föderalministerin Tinne Van der Straeten ist also begrenzt. Dennoch kommt man nicht umhin, festzustellen, dass sie in den letzten Wochen keine wirklich neuen Lösungsansätze gefunden zu haben scheint.
Es handele sich um ein weltweites Problem, so Tinne Van der Straeten am Mittwochmorgen bei der RTBF. Die steigenden Preise seien zurückzuführen auf die große Nachfrage durch die Wirtschaft, die nach der Corona-Krise wieder hochfahre.
Als Grünen-Politikerin und zuständige Ministerin betont Van der Straeten auch, dass die jetzigen Preissteigerungen eben nichts mit dem geplanten Atomausstieg zu tun hätten. Der sei doch erst für 2024 geplant, könne sich also jetzt noch gar nicht auswirken.
In Zukunft investieren
Wenig überraschend sind die jetzigen Preiskapriolen Wasser auf die Mühlen der Befürworter von Atomenergie. Sie sagen, dass Belgien mit Atomenergie weniger abhängig und damit weniger anfällig sei. Und sie prangern die Gaszentralen an, die während des Atomausstiegs die Versorgungssicherheit gewährleisten sollen. Denn mit steigenden Gaspreisen seien dann noch höhere Strompreise zu befürchten.
Dem hält die Energieministerin aber erneut entgegen, dass die einzigen Energien, die auf Dauer günstiger würden, die erneuerbaren seien, sprich etwa Sonnen- und Windenergie. Mehr noch: Wenn Belgien in den letzten 20 Jahren mehr in diese Technologien investiert hätte, dann wäre es jetzt besser geschützt, so Van der Straeten. Das Motto dürfe nicht sein, in die Vergangenheit zu investieren, sondern in die Zukunft.
Zu einer weiteren Frage will sich die Energieministerin aber immer noch nicht äußern, nämlich der, ob belgische Atomkraftwerke vielleicht doch länger am Netz bleiben müssen. Der Atomausstieg sei kein Selbstzweck, sondern der Weg, um komplett auf erneuerbare Energien umzusteigen. Aktuell lägen viele Projekte auf dem Tisch. Man habe auch einen Mechanismus entwickelt, um entsprechende Investitionen zu unterstützen. Die Evaluierung über die Versorgungssicherheit werde im November stattfinden. Alles andere sei zum jetzigen Zeitpunkt Spekulation, so die Energieministerin.
Der Energiewandel und auch die Erhöhung der Energieeffizienz etwa von Gebäuden sind aber natürlich im besten Fall eine mittelfristige Strategie. Was die unmittelbare Zukunft angeht, wiederholt Van der Straeten das, was sie auch schon vorher gesagt hat: Sie werde sich bei den Haushaltsgesprächen für eine Verlängerung des ausgeweiteten Sozialtarifs einsetzen. Das sei eine wirksame und gezielte Maßnahme, die dort greife, wo sie am meisten gebraucht würde: bei den Menschen mit den geringsten Einkommen.
Einen pauschalen Abschlag für alle Bürger oder eine generelle Senkung der Mehrwertsteuer auf Energie wie von anderen Parteien gefordert lehnt sie deswegen auch weiter ab. So etwas belaste den Haushalt viel stärker und sei weniger effizient als der Sozialtarif, betont die Ministerin.
Boris Schmidt
Wenn diese Beiträge in einer Sketch Comedy veröffentlicht wurden, gäbe es etwas ernsthaftes zu lachen.
So wird die Kuh mit dem Nasenring durchs Dorf geführt.
Irgendwann gibt es die Antwort drauf und dann wir der Nasenring ausgetauscht....