Zwei Flugzeuge sind am Montagvormittag auf dem Militärflughafen Melsbroek bei Brüssel gelandet. Das erste war ein gecharterter ziviler Airbus A340 von Air Belgium, der gegen 8:30 Uhr ankam. Diese erste Maschine, die Evakuierte nach Belgien brachte, war um kurz vor Mitternacht im pakistanischen Islamabad gestartet.
Viele Familien an Bord der Maschine
Die meisten der 193 Passagiere sind belgische Staatsangehörige und ihre Angehörigen, bestätigte der Kommandant von Melsbroek, Major Peter Freys, in der VRT. Es sind besonders viele Familien mit jungen und sehr jungen Kindern unter den Geretteten.
Die anderen sind afghanische Staatsbürger, die für belgische, internationale oder Nichtregierungsorganisationen gearbeitet haben. Tätigkeiten also, für die die Taliban sie verfolgen könnten. Sie alle waren zuvor aus der afghanischen Hauptstadt Kabul ausgeflogen worden und mussten zunächst noch im Nachbarland Pakistan Zwischenstation machen.
Zahlen-Wirrwarr wegen Missverständnis
Etwas später, gegen 9:45 Uhr, landete dann noch eine zweite Maschine, ein Militär-A330 der NATO. 226 Menschen sind also insgesamt gerettet worden. Das sind deutlich weniger, als von vielen erwartet, denn eigentlich war die Rede von 400 gewesen.
Ein Missverständnis, denn diese Zahl bezog sich nur auf alle Personen, die von der belgischen Armee aus Kabul nach Islamabad ausgeflogen worden waren. Darunter auch Menschen, deren endgültige Bestimmung eben nicht Belgien war, sondern ein anderes Land.
Sicherheitskontrollen und Corona-Test
Unmittelbar nach der Landung in Melsbroek wurden die Menschen mit Bussen der belgischen Armee in die nahegelegene Kaserne von Peutie gebracht. Hierher waren auch schon 34 andere Belgier gebracht worden, die bereits am Wochenende mit einem Evakuierungsflug der Niederländer in Amsterdam-Schiphol angekommen waren.
In Peutie werden noch einmal alle Pässe und Dokumente kontrolliert und die Menschen müssen weitere Sicherheitskontrollen über sich ergehen lassen sowie einen Corona-Test ablegen.
Notwendigkeit gründlicher Durchleuchtung
Es müsse unbedingt verhindert werden, dass gefährliche Personen nach Belgien gelangten, unterstrich auch Asylstaatssekretär Sammy Mahdi (CD&V) in der RTBF. Er verstehe zwar, dass viele den Wunsch hätten, die Prozeduren möglichst schnell durchzuführen, aber es sei wichtig, das gut zu machen. Und das bedeute eben eine gründliche Durchleuchtung – durch den Militärgeheimdienst, den Anti-Terrorstab OCAM, die Staatssicherheit und das Ausländeramt.
Das sei wichtig, um die Sicherheit der Menschen in Afghanistan, aber auch hier in Belgien garantieren zu können, so Mahdi. Die Evakuierten, die hier Familie haben oder wohnhaft sind, dürfen nach der Überprüfung nach Hause beziehungsweise zu ihren Angehörigen. Angehörige, die zum Teil schon voller Vorfreude und Ungeduld vor der Kaserne gewartet haben.
Erleichterung bei Angehörigen
Ein sichtlich erleichterter Vater sagte, es sei, als ob seine Kinder gestorben seien und sie jemand wieder lebendig gemacht und sie ihm zurückgegeben habe. Andere berichten aber auch von der Angst um das Leben derjenigen, die es noch nicht aus Afghanistan herausgeschafft haben und die weiter verzweifelt versuchen, es auf einen Evakuierungsflug zu schaffen.
Alle anderen Evakuierten müssen zunächst in der Kaserne verbleiben, bis der belgische Staat eine Lösung für sie findet. Die belgischen Behörden haben das Rote Kreuz etwa mittlerweile darum gebeten, 220 Auffangplätze für Menschen aus Afghanistan bereitzustellen, die in Belgien um internationalen Schutz ersuchen könnten.
Weitere Evakuierungsflüge
In Islamabad ist am frühen Nachmittag außerdem eine weitere C-130 Hercules-Transportmaschine des belgischen Militärs gelandet. An Bord: weitere 100 aus Afghanistan evakuierte Menschen. Insgesamt hat die Armee drei C-130 in der pakistanischen Hauptstadt stationiert. Sie können je nach verfügbaren Zeitfenstern in Kabul drei bis vier Flüge pro Tag absolvieren, um weitere Menschen nach Pakistan in Sicherheit zu bringen.
Von dort aus geht es dann wie am Montag mit anderen Maschinen weiter. Man werde diese Operation so lange weiterführen, wie es notwendig und möglich sei, versicherte Außenministerin Sophie Wilmès (MR).
Boris Schmidt