Gerade erst vor Kurzem hatte der Hohe Gesundheitsrat erneut auf die mentalen Folgen der Corona-Pandemie für junge Menschen hingewiesen und - grob zusammengefasst - eine möglichst schnelle Rückkehr zu einem möglichst normalen Leben für die Kinder und Jugendlichen gefordert. Mit einem Mund- und Nasenschutz im Klassenzimmer sitzen zu müssen, ist allerdings nicht wirklich ein halbwegs "normales" Leben. Daher ist wenig verwunderlich, dass Schüler, Eltern und auch Lehrer schnell auf die Barrikaden gehen, wenn dieses Thema angeschnitten wird. Insbesondere gilt das vor dem Hintergrund von Ankündigungen, dass das neue Schuljahr in puncto Schutzmaßregeln deutlich entspannter werde.
Lediglich Empfehlung, keine Entscheidung
Allerdings: Es gibt keine Entscheidung, Masken zu Beginn des Schuljahres verpflichtend zu machen. Es gibt lediglich eine Empfehlung vonseiten der Gesundheitsexperten der GEMS und sogenannten "Risk Assessment Group" (RAG) - und damit also von Expertengruppen, die das epidemiologische Risiko analysieren und die politisch Verantwortlichen bezüglich des Corona-Krisenmanagements beraten.
Es sei die Aufgabe der Experten, Argumente und Erklärungen zu liefern - und die der Politik, am Ende Entscheidungen zu treffen, betonte Geert Molenberghs am Freitagmorgen bei Radio Eén. Der bekannte Biostatistiker ist Mitglied der GEMS. Sprich: die Politik kann den Empfehlungen folgen oder eben auch nicht. Und Letzteres ist bekanntermaßen oft genug schon geschehen. Von daher gilt: Erstmal abwarten, was die jeweiligen Verantwortlichen für das Unterrichtswesen daraus machen werden.
Höchste Positivitätsrate bei Kindern
Zwischenzeitlich kann man sich aber dennoch schon einmal mit den Argumenten der Wissenschaftler beschäftigen. Ihre Empfehlung ist übrigens auch gar nicht neu: Sie ist im Kern bereits Ende Juni, also noch vor Beginn der Sommerferien verfasst worden. Neu sind allerdings bestimmte Daten: Die jüngste Altersgruppe - also die zwischen null und neun Jahren - weise die höchste Positivitätsrate auf, also die meisten positiv ausgefallenen Tests bezogen auf die Gesamtzahl der durchgeführten Tests. Diese Positivitätsrate betrage in dieser Altersgruppe über sechs Prozent, verglichen mit den vier Prozent der Gesamtbevölkerung. Und das zeige, dass das Virus gerade auch unter Kindern stark zirkuliere.
Urlaubsrückkehr als Risikofaktor
Hinzu kommt dann noch das Ende der Ferien und die Rückkehr aus dem Urlaub: Das bedeute traditionell immer, dass die Menschen Viren mitzurückbrächten. Und da falle dieses Mal natürlich auch Covid drunter. Um diese potenziell brisante Übergangszeit so sicher wie möglich zu überbrücken, mache es Sinn, zusätzliche Schutzmaßnahmen zu nutzen, wie eben Masken. Und nach einigen Wochen könne man dann schauen, wie sich die Lage entwickelt habe. Ziel sei es, den erfolgreichen Wiederbeginn nicht nur des Unterrichts, sondern für viele Menschen auch des Arbeitsalltags nicht unnötig zu gefährden.
Masken als kleineres Übel im Vergleich zu anderen Maßnahmen
Alle hätten natürlich die Nase voll von den Masken, räumt Molenberghs ein. Aber dennoch sei es einfach vernünftig, dieses im Vergleich zu etwa Hybrid-Unterricht oder noch einschneidenderen Maßnahmen noch kleinste Übel zu wählen.
Abgesehen davon zielt die Empfehlung der Experten auch ohnehin auf eine weniger strenge Maskenpflicht als im letzten Schuljahr ab. Sie betrifft nämlich vor allem Sekundarschulen. Außerdem ist etwa die Rede davon, nach entsprechenden Tests die Masken auch zeitweise ablegen zu können. Also etwa wenn während Prüfungen alle ruhig sind oder wenn genügend Abstand vorhanden und für eine gute Belüftung gesorgt ist.
Der Biostatistiker weist außerdem darauf hin, dass durch das Fortschreiten der Impfkampagne gerade auch bei den jüngeren Bevölkerungsgruppen solche Maßnahmen vielleicht recht schnell wieder zurückgenommen werden könnten. In Abhängigkeit natürlich von den Corona-Zahlen in der Bevölkerung allgemein und spezifisch in den Schulen.
Boris Schmidt