Bisher ist es so, dass therapeutische oder medizinisch notwendige Behandlungen grundsätzlich nicht unter die Mehrwertsteuer fallen. Lediglich auf rein ästhetische Behandlungen wird sie berechnet, also zum Beispiel auf plastische Operationen oder wenn der Zahnarzt auf Wunsch die Zähne bleicht - das sind keine medizinisch notwendigen Sachen, dafür muss man auch jetzt schon Mehrwertsteuer bezahlen.
Alles, was medizinisch oder therapeutisch verordnet ist, wird weiterhin nicht mehrwertsteuerpflichtig, daran ändert sich nichts. Aber: Es wird strenger definiert, was darunter fällt und was nicht.
Wo die Trennlinie verlaufen wird, darum wird noch gerungen. So viel ist aber schon mal klar: Es sind nicht allein nur ästhetische Behandlungen, sondern auch gewisse Serviceleistungen. Wenn der Hausarzt zum Beispiel ein Attest ausstellt, das ein Patient bei Abschluss einer Lebensversicherung vorlegen muss, dann werden dafür künftig 21 Prozent Mehrwertsteuer berechnet.
Es gibt aber noch viel Diskussionsbedarf. Denn so scharf lässt sich ja nicht immer die Grenze ziehen zwischen ästhetisch und medizinisch nötig. Ein Beispiel: Wenn jemand unter seinen abstehenden Ohren leidet, kann daraus durchaus eine psychische Erkrankung entstehen. Ist dann die OP der Ohren ein rein ästhetischer Eingriff oder ist er nicht auch medizinisch notwendig?
Um das festzulegen, sollen Mitarbeiter aus dem Finanz- und dem Gesundheitsministerium eine Liste von Kriterien erarbeiten. Das stößt aber unter Ärzten auf Kritik. Sie befürchten, dass künftig Finanzinspektoren Zugang zu Patientenakten bekommen und entscheiden, welche Behandlungen nötig sind und welche nicht.
Die neue Regelung gilt im Prinzip für alle medizinischen Berufe. Die Mehrwertsteuer für bestimmte Leistungen wird beim Arzt und auch bei den paramedizinischen Berufen fällig, also bei den therapeutischen Berufen wie Ostheopathen, Kinés, Logopäden oder Ernährungsberater, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Selbst Krankenhäuser müssen sie für nicht-medizinische Leistungen berechnen - das geht von den Gebühren fürs Parken auf dem Besucherparkplatz bis hin zur Miete für einen Fernseher auf dem Krankenzimmer.
Das Finanzministerium rechnet mit Mehreinnahmen in Höhe von 20 Millionen Euro im Jahr - das meiste übrigens aus Zahnarztbehandlungen.
echo/sh