Die Finanzkrise im Herbst 2008 führte zum Untergang der Fortis-Bank, nachdem die Regierungen Belgiens, Luxemburgs und der Niederlande noch 49% ihrer Anteile erworben hatten, um das Institut zu retten.
Doch das Vertrauen kam nicht mehr zurück. Im Gegenteil, ausgerechnet die größten Teilhaber leerten ihre Konten. Die Aktien sanken immer schneller und die kleinen Aktionäre fühlten sich betrogen. Am 6. Oktober verkaufte die Leterme-Regierung den größten Teil ihrer Anteile an die französische Bank BNP Paribas.
Die kleinen Aktionäre klagten vor Gericht, in der Hoffnung, den Verkauf wieder rückgängig zu machen. Die drei Richter des Appellationshofs zerstritten sich und waren nicht in der Lage, ein kollegiales Urteil zu sprechen. Mireille Salmon und Paul Blondeel gaben den Aktionären Recht, während sich Christine Schurmans widersetzte und sich krank schreiben ließ.
Zuvor hatte sie den Vorsitzenden der ersten Kammer des Kassationshofs, Ivan Verougstraete, unterrichtet. Dieser behielt die Information nicht für sich, sondern gab sie sogleich an die Anwälte der Fortis sowie den Rechtsbeistand der Regierung, Van Buggenhout, weiter. Die Richterin Schurmans sprach darüber auch mit ihrem Mann, Jan De Groof, der sogleich seine CD&V-Parteifreunde in den Kabinetten von Premierminister Leterme und Justizminister Vandeurzen benachrichtigte.
Der höchste Magistrat des Landes, der Vorsitzende des Kassationshofes, Ghislain Blondeel, stellte fest, dass man versucht hatte, die Arbeit der Justiz zu beeinträchtigen. Daraufhin trat die Regierung Leterme zurück, während der Verkauf der Fortis an die Franzosen weiter ging.
Heute erschienen vier Akteure der Fortis-Saga vor dem Genter Apellationshof: Christine Schurmans und Ivan Verougstraete vom Kassationshof werden wegen Schändung des Berufsgeheimnisses vor Gericht zitiert, Paul Blondeel und Mireille Salmon wegen Urkundenfälschung.
Die Richterin Schurmans hat inzwischen vor dem Europäischen Menschenrechtshof geklagt. Sie behauptet, die richterliche Hierarchie und das Parlament hätten ihre Grundrechte verletzt.
Den Mitgliedern der Leterme-Regierung hatte der Untersuchungsrichter nichts vorzuwerfen. Er betrachtet auch eventuellen Druck der Regierung auf die Justiz, um ihr Urteil zu beeinflussen, als nicht erwiesen. Der Appellationshof hat sich nach einer kurzen Sitzung auf den 23. Februar vertagt.
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