Der Bericht enthüllt ein sehr ambivalentes Verhalten sowohl bei Betrieben als auch bei Privatpersonen. Die Autoren der Studie sprechen von einer gewissen Doppelmoral: Auf der einen Seite betonen die befragten Unternehmen, wie wichtig eine gute Zahlungsmoral ist für das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragspartnern. Andererseits versuchen viele, sehr lange Zahlungsfristen für sich selbst auszuhandeln.
Von ihren eigenen Kunden verlangen sie am liebsten prompte Bezahlung, auch wenn sie das am Ende gar nicht durchsetzen können. Diese Haltung hat sich vor allem im vergangenen Corona-Jahr deutlich herausgebildet. Laut dem Bericht betrifft das sowohl große Unternehmen als auch mittelständische Unternehmen.
Fast die Hälfte aller Unternehmen in Belgien muss außerdem zugeben, dass die Zahlungsfristen, die sie ihren Kunden schlussendlich gewähren, so großzügig bemessen sind, dass sie schädlich sind für die eigene Unternehmensführung.
Hinzu kommt: Die Kluft zwischen dem vereinbarten und dem tatsächlichen Zahlungstermin wird immer größer. Auftraggeber der öffentlichen Hand zahlen im Durchschnitt sieben Tage zu spät, Unternehmen der Privatwirtschaft zehn Tage. Privatleute liegen mit elf Tagen Zahlungsverzug an der Spitze.
Dabei ist ein Handwerksbetrieb darauf angewiesen, dass regelmäßig Geld reinkommt. Wenn Kunden erst Wochen später bezahlen, dann kann das katastrophale Folgen haben für die eigene Zahlungsfähigkeit. Heute befürchten zwei von drei Betrieben in Belgien, dass das Ausfallrisiko steigt, also das Risiko, dass sie auf Rechnungen sitzenbleiben.
Aber vielleicht ist das auch zu pessimistisch gedacht: Es könnte ja auch sein, dass die Zahlungsmoral sich wieder erholt, wenn die Folgen der Corona-Pandemie überwunden sind - denn schließlich haben ja auch viele Menschen derzeit mit finanziellen Engpässen zu kämpfen.
belga/sh