Ja, dieser Mai sei in der Tat ziemlich nass gewesen, bestätigte Rozemien De Troch am Freitag in der VRT. Sie ist Klimawissenschaftlerin am Königlichen Meteorologischen Institut (KMI) in der Brüsseler Stadtgemeinde Uccle. Und damit gehe der Frühling als Ganzes dieses Jahr in puncto Trockenheit aus meteorologischer Sicht normal zu Ende. Normal heißt: Diesen Frühling hat es nicht wirklich deutlich mehr geregnet als in anderen Jahren.
Klimatologisch betrachtet ergebe sich aus den Messungen in Uccle für die Niederschläge während der Frühlingsmonate März, April und Mai aber ein dauerhaft abnehmender Trend. Ein Trend, der seit 1961 deutlich sichtbar sei, so De Troch.
Aber es kommt natürlich immer etwas darauf an, welche Zeiträume man genau auswertet, denn erfasst werden die Wetterdaten in Uccle seit 1833, entsprechend groß ist die verfügbare Datenmenge. Wenn man also die Niederschlagskurve der letzten 60 Jahre nimmt, also seit 1961, dann sind die Frühlingsniederschläge im Durchschnitt pro Jahrzehnt um vier Prozent zurückgegangen. Beschränkt man den Beobachtungszeitraum auf die letzten 40 Jahre, dann reden wir aber schon von gemittelt neun Prozent Abnahme pro Jahrzehnt bis heute. Und das ist laut der KMI-Wissenschaftlerin eine statistisch signifikante, also aussagekräftige Abnahme.
Wenn man sich nur die letzten 30 Jahre anschaue, also von 1991 bis 2020, und das mit dem Referenzzeitraum 1961 bis 1990 vergleiche, dann rede man hier sogar von einer Abnahme um 17,5 Prozent, so De Troch.
Längere Trockenperioden
Das ist aber nicht der einzige Indikator, dass die Frühlinge tatsächlich trockener werden. Denn auch die Dauer der Trockenperioden wird länger. Die Höchstdauer der Trockenperioden im Frühling in Uccle hat im Durchschnitt seit 1961 um fast einen Tag (0,95 Tage) pro Jahrzehnt zugenommen.
Ein weiteres Warnzeichen: Von den fünf trockensten Frühlingen seit 1981 entfallen drei auf die letzten zehn Jahre, nämlich auf 2011, 2014 und 2020.
Die längerfristigen Prognosen kommen also nicht wirklich als große Überraschung. Auf der Basis der Klimamodelle des KMI sei zu erwarten, dass es bis zum Ende des Jahrhunderts mehr Trockenperioden geben werde – und zwar im Frühling und Sommer.
Mildere und nassere Winter
Aber der Klimawandel bringt zumindest für uns ja nicht nur trockenere Frühlinge und Sommer, sondern auch mildere und vor allem nassere Winter. Auch das kann Rozemien De Troch bestätigen. Auf die 60 Jahre seit 1961 bezogen ergebe sich im Durchschnitt eine Zunahme der Niederschläge im Winter um fünf Prozent pro Jahrzehnt. Verkürzt man den Zeitraum auf die letzten 40 Jahre, dann reden wir zwar immer noch über eine Zunahme, aber eine schwächere. Letztere Zunahme sei statistisch (noch) nicht signifikant, stellt die Wissenschaftlerin klar.
Soweit zur Interpretation der Wetterdaten aus der Vergangenheit. Was die Zukunft betrifft, da kommen nicht alle Vorhersagemodelle zu den exakt gleichen Schlüssen, räumt De Troch ein. Das gelte besonders für Niederschläge, weil es hier sehr viele Parameter gebe. Deswegen seien gerade die Vorhersagen beziehungsweise Erwartungen für Niederschlagsmengen im Frühling mit einer gewissen Unsicherheit behaftet.
Für den Winter sei das Bild hingegen eindeutig: Die meisten Projektionen der KMI-Klimamodelle sagten eine Zunahme der Winterniederschläge voraus. Das bedeutet aber keineswegs, dass damit mögliche Probleme durch Wassermangel in Trockenperioden automatisch kompensiert würden. Es reicht ja nicht, wenn das Wasser irgendwann vom Himmel fällt. Es muss auch zur späteren Verwendung gespeichert werden. Ansonsten fließt es einfach ins Meer.
Boris Schmidt