Eines ist seit allerspätestens Mittwochmorgen mehr als deutlich: Die Sicherheitsbehörden gehen von einem sehr hohen Gefährdungspotenzial aus. Denn um kurz vor zehn Uhr wurde bekannt, dass der Anti-Terror-Stab OCAM die Warnstufe punktuell auf vier angehoben hat, die höchstmögliche Stufe. Das heißt, das sogenannte Koordinierungsorgan für die Bedrohungsanalyse schätzt die Lage als "sehr ernst" ein. Wohlgemerkt punktuell, das heißt also bezogen auf eine spezifische Veranstaltung oder wie im vorliegenden Fall auf eine bestimmte Person. Landesweit bleibt es bei Stufe zwei.
Neben "sehr ernst" wird die Gefahr aber auch als möglicherweise "unmittelbar bevorstehend" bewertet. Denn es gibt wohl ausreichend Hinweise auf konkrete Pläne des gesuchten Mannes.
Ebenfalls bekannt ist, dass der Mann schon länger im Visier des Anti-Terror-Stabs stand. Der Grund: seine Sympathien für rechtsextremes Gedankengut. Das hat der föderale Justizminister Vincent Van Quickenborne (OpenVLD) am Dienstagabend gegenüber VTM Nieuws bestätigt. Es gebe Hinweise, dass der Mann gewalttätig sei. Und in den vergangenen 24 Stunden habe sich abgezeichnet, dass eine akute Bedrohung von ihm ausgehe, so der Minister weiter.
Desweiteren gesichert ist, dass der bekannte Virologe Marc Van Ranst und seine Familie am Dienstag an einen sicheren Ort gebracht wurden, das hatte Van Ranst selbst gegenüber der Nachrichtenagentur Belga bestätigt.
Waffenfund
Bei dem gesuchten Mann soll es sich nach verschiedenen Medienberichten um einen Militärangehörigen handeln, den 46-jährigen Berufssoldaten Jurgen C. Das Verteidigungsministerium wollte sich aber nicht äußern und verweist auf die föderale Staatsanwaltschaft. Die hat am Morgen mitgeteilt, dass die am Dienstag in Limburg begonnene Suchaktion am Mittwoch fortgesetzt werde.
Gegen 19 Uhr war das Fahrzeug des Gesuchten, ein grauer Audi, von einem Förster in einem Waldgebiet bei Dilsen-Stokkem in der Nähe der niederländischen Grenze entdeckt worden. Der Förster habe in dem Wagen Tarnkleidung gesehen, berichtete ein Anwohner in der VRT. Spezialeinheiten der Polizei riegelten daraufhin den Fundort ab und der Minenräumdienst der Armee (SEDEE-DOVO) und die Spurensicherung rückten an. Erst Stunden später, gegen 5:30 Uhr morgens, wurde das Fahrzeug dann für weitere Untersuchungen abgeschleppt und die Absperrungen aufgehoben.
Mittlerweile ist bestätigt worden, dass in dem Fahrzeug eine Anzahl schwerer Waffen sichergestellt werden konnte. Von dem Gesuchten selbst fehle aber weiterhin jede Spur. Welche Waffen genau gefunden wurden, das hat die Staatsanwaltschaft nicht mitgeteilt, nur dass es sich um die "gefährlichsten" handele. Nach Medienberichten soll Jurgen C. vor seinem Verschwinden in der Kaserne Leopoldsburg in der Provinz Limburg mindestens eine Panzerabwehrwaffe, eine Maschinenpistole, eine Pistole und eine schusssichere Weste entwendet haben. Gerüchten zufolge könnte es sich sogar um bis zu vier Panzerabwehrwaffen gehandelt haben.
Abschiedsbrief
Die Fahndung nach dem Mann läuft unterdessen auf Hochtouren weiter. Denn er hat Abschiedsbriefe hinterlassen. Darin drohe er mit einem Anschlag auf staatliche Strukturen und gegen verschiedene Personen, bestätigt der Sprecher der föderalen Staatsanwaltschaft. Darunter eben auch Marc Van Ranst.
Über den persönlichen Hintergrund von Jurgen C. haben derweil verschiedene Medien berichtet. So soll es sich um einen Schießausbilder bei den Luftstreitkräften handeln. Deswegen hatte er wohl auch Zugang zu Waffen wie denen, die er entwendet haben soll. Als der Korporal, der in der Kaserne Peutie bei Vilvoorde stationiert sein soll, am Montagabend nicht nach Hause gekommen sei, habe seine Freundin Alarm geschlagen. Jurgen C. soll seit 1992 beim Militär sein und auch mehrmals in Afghanistan im Einsatz gewesen sein. Außerdem soll er auch zwölf Jahre bei einer Sicherheitsfirma gearbeitet haben, berichtet unter anderem Gazet van Antwerpen.
Aktenkundig sei auch, dass der Mann in den Sozialen Medien Drohungen gegen unter anderem Marc Van Ranst gemacht habe. Die waren offenbar ernst genug, damit die föderale Polizei ihn im vergangenen Sommer dazu befragt hat. In der Folge soll Jurgen C. eine Disziplinarstrafe bekommen haben und durfte eine Weile lang nicht mehr als Schießausbilder tätig sein. Nach einer zwischenzeitlichen Beschäftigung in der Verwaltung habe er aber seine alte Position zurückbekommen, so die Zeitung. Das Verteidigungsministerium wollte sich nicht dazu äußern.
In seinen Abschiedsbriefen habe der Mann auch angeben, nicht mehr in einer Gesellschaft leben zu wollen, die von Politikern und Virologen regiert werde. Deswegen werde er in den Untergrund gehen. Außerdem soll er angekündigt haben, sich nicht ohne Widerstand festnehmen zu lassen, so Gazet van Antwerpen.
Boris Schmidt