"Das sind nicht mehr die 'normalen' Scharmützel", so formulierte es die Zeitung Het Laatste Nieuws. Denn leider gehören punktuelle Schlagabtausche zwischen Israelis und Palästinensern zum Alltag. Seit einigen Tagen schaukelt sich das Ganze aber gefährlich hoch: eine Spirale der Gewalt, die zu einem neuen Krieg eskalieren kann.
Begonnen hat alles mit Protesten in Ost-Jerusalem. Die richteten sich zunächst gegen die drohenden Zwangsräumungen von palästinensischen Familien im Ostteil der Stadt, der ja ursprünglich den Palästinensern zugesprochen worden war. Die Proteste weiteten sich aber immer weiter aus. Bei Straßenschlachten rund um den Tempelberg waren Hunderte Menschen verletzt worden.
Am Dienstag wurde aber eine neue Eskalationsstufe erreicht. Nach den Steinen flogen Raketen. Gut 1.000 wurden in Richtung Israel abgefeuert, zumeist aus dem Gazastreifen, in dem die radikalislamische Hamas das Sagen hat. Im Gegenzug flog die israelische Luftwaffe massive Angriffe auf Ziele in den Palästinensergebieten. Auf beiden Seiten gab es Tote und Verletzte.
"Das sind nicht mehr die 'normalen' Scharmützel", kein Zweifel. Und es steht zu befürchten, dass das erst der Anfang war. Auf beiden Seiten werden die Kriegstrommeln gerührt. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärte, man werde dem Gegner Schläge versetzen, die er sich niemals erträumt habe. Die Hamas versprach ihrerseits, dass "noch viel mehr Raketen folgen würden".
"Lage eskaliert"
"Die Lage eskaliert; und das ist besorgniserregend", sagte Außenministerin Sophie Wilmès in der VRT. Die Angriffe auf zivile Ziele auf beiden Seiten sei inakzeptabel.
Die internationale Staatengemeinschaft könne hier nicht länger zusehen, sagte Wilmès. Auf allen Ebenen müssten alle diplomatischen Hebel in Bewegung gesetzt werden. Alle, ob nun kleine oder große Länder, müssten versuchen, auf die Kriegsparteien einzuwirken und sie zu einer Waffenruhe zu bewegen. Denn, die Lage ist gerade dabei, außer Kontrolle zu geraten.
Immerhin hat ja schon der UN-Sicherheitsrat in New-York über die Lage beraten. Laut Medienberichten hätten dabei Diplomaten vor einem neuen, großen Krieg in der Region gewarnt. Das wäre dann der vierte innerhalb von weniger als 15 Jahren.
Sanktionen?
Könnten vielleicht Sanktionen dabei helfen, die Lage zu beruhigen? Naja, das sei nicht die erste und auch nicht die einzige Option, sagte Wilmès. Ohnehin könne Belgien alleine nicht in diese Richtung aktiv werden. Solche Entscheidungen könnten, wenn, dann nur auf EU-Ebene getroffen werden.
Die EU-Außenminister würden sobald wie möglich über die Lage beraten. Womöglich werde das Thema sogar auf dem Tisch der Staats- und Regierungschefs landen.
"Aber, was jetzt wirklich zählt, das ist der Dialog", ist Wilmès überzeugt. Und da sollte man auch nicht mit dem Finger auf die eine oder die andere Seite zeigen. Wer als neutraler Vermittler auftreten will, der hält sich mit Schuldzuweisungen zurück.
Auch international mehren sich die Stimmen, die beide Seiten zur Mäßigung aufrufen. EU-Ratspräsident Charles Michel etwa appellierte an Israelis wie Palästinenser, zuallererst unschuldige zivile Opfer zu vermeiden.
Roger Pint
Dann sollte die internationale Diplomatie der Bevölkerung des Gazastreifens mal einen Plan vorlegen, der realistische Zukunftschancen bietet, um so der Hamas das Wasser abzugraben. Dazu könnte man doch die alte Idee eines Palästinenserstaates auf dem Sinai erneut zur Sprache bringen. Das ist realistisch betrachtet die einzige Option. Denn Israel, die stärkste Militärmacht der Region, wird sich bestimmt nicht aus den Westjordanland und den Golanhöhen zurückziehen.