Angriffe auf Informatiksysteme von Firmen, auf Netzwerke, Computer oder sonstige Geräte – das ist oft die Domäne dunkler Gestalten, die die technischen Möglichkeiten, die das Internet heutzutage bietet, für ihre kriminellen Zwecke missbrauchen. Meist geht es dabei um Industriespionage, den Diebstahl von persönlichen oder anderweitig wertvollen Daten oder schlicht um Erpressung.
Daneben gibt es aber auch noch eine andere Variante von Cyberangriffen. Durch eine Vielzahl von gezielten Anfragen können Netzwerke oder Dienste lahmgelegt werden. Sie werden einfach durch einen zu hohen Datenverkehr in die Knie gezwungen. Wenn diese Anfragen über eine große Anzahl verschiedener Rechner durchgeführt werden, spricht man von einer "Distributed-Denial-of-Service"-Attacke, oder kurz DDos-Angriff. Solche Angriffe können dazu führen, dass Benutzer bestimmte Internetseiten nicht mehr erreichen können. Das geht sogar so weit, dass von angegriffenen Netzwerken aus gar kein Zugang zum Internet mehr möglich ist.
Dieses Phänomen trifft immer häufiger auch belgische Schulen, wie der Geschäftsführer von Smartschool, Jan Schuer, bei Radio Eén erklärte. Man habe eine Eskalation dieser Netzwerkangriffe beobachtet. Und die verschieben sich in den letzten Wochen immer mehr auf die Schulen selbst, genauer gesagt ihre Internetmodems. In der Praxis bedeutet das, dass die Internetverbindung in den Schulen höchst instabil wird und oft zusammenbricht oder zumindest quälend langsam wird. Das beeinträchtigt natürlich auch die Organisation und den Ablauf des Fernunterrichts.
Hier könne man auch nicht mehr von sporadischen Vorfällen sprechen, so Schuer. Vielmehr handele es sich um eine Tendenz, die in der Coronavirus-Pandemie zugenommen habe. Die Problematik werde immer größer, das sehe man auch daran, dass Smartschool deswegen jede Woche Kontakt mit mehreren Schulen habe.
Pikant dabei ist vor allem, wer oft hinter den Angriffen steckt. Nämlich Schüler an den jeweils betroffenen Bildungseinrichtungen selbst. Das Problem dabei ist auch, dass man längst kein ausgefuchster Hacker mehr sein muss, um so einen Angriff auszuführen. Es gebe entsprechende Programme, mit denen man so etwas einfach bewerkstelligen könne. Und die seien eben auch bei bestimmten Jugendlichen im Umlauf, warnte Schuer.
Was die dabei genau antreibt, darüber kann man nur spekulieren. Vielleicht ist es einfach jugendlicher Übermut, eine Art Mutprobe oder einfach eine Art Streich. Oder die Absicht, den Fernunterricht zu sabotieren. Aber was auch immer letztlich die Motivation der Täter ist: Sie sind sich vermutlich zumindest nicht immer der weitreichenden Folgen ihres Tuns bewusst.
Wie bei allen Angriffen über das Internet ist es auch hier möglich, sich gegen diese Überlastungs-Attacken zu schützen. Aber dafür muss man sich des Problems erst einmal bewusst sein und wissen, was man dagegen tun kann. Und das ist der Grund, warum der Smartschool-Betreiber die Schulen jetzt eindringlich warnt, entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Auch und gerade wegen der anstehenden Wiederaufnahme des Unterrichts nach der Osterpause.
Angesprochen sind aber nicht nur die Bildungseinrichtungen. Auch der Staat müsse hier aktiv werden, fordert der Smartschool-Geschäftsführer. Man brauche einen besseren gesetzlichen Rahmen, um solche Schad-Seiten im Internet auf nationaler Ebene blockieren zu können. Auch an die Eltern und die Schüler selbst richtet sich Schuer. Mit ihnen müsse ein Dialog geführt werden, damit sie sich bewusst würden, was da geschehe und welche Konsequenzen das haben könne. Es sei eine gesellschaftliche Pflicht, die Kinder und Jugendlichen auch in digitaler Hinsicht zu erziehen. Genauso wenig, wie man Steine durch Scheiben werfen dürfe, dürfe man Netzwerke angreifen.
Und wer das nicht einsieht, der sollte zumindest darüber nachdenken, welche Folgen sonst auf einen zukommen könnten. Smartschool hat wegen solcher Angriffe bereits Anzeige erstattet und ein Untersuchungsrichter hat sich des Dossiers angenommen. Und in der Provinz Limburg fordert eine Schule von einem 15-Jährigen, der solche Cyberangriffe durchgeführt hat, Schadenersatz in Höhe von 220.000 Euro. Abgesehen davon, dass der Schüler natürlich der Einrichtung verwiesen wurde.
Boris Schmidt