Den Belgiern wird im Angesicht des Elends auf dieser Welt ein großes Herz nachgesagt, doch dieser Untersuchung zufolge muss man diese Sicht der Dinge leider etwas korrigieren. Im internationalen Vergleich der Spendierfreudigkeit landet unser Land nämlich nur auf Platz 50, obwohl wir zu jenen Ländern zählen, deren Lebensstandard weltweit zur absoluten Spitze gehört.
Es gibt viele ärmere Länder, in denen die Menschen gebefreudiger sind als in Belgien, und auch unsere unmittelbaren Nachbarn Holland, Deutschland und Luxemburg greifen, wenns darum geht, anderen zu helfen, deutlich tiefer in die Tasche. Als mildernden Umstand muss man allerdings gelten lassen, dass kaum ein europäisches Land seine Bevölkerung noch höher besteuert als es hierzulande der Fall ist.
Insgesamt spenden die Belgier pro Jahr 300 Millionen Euro. Das hört sich zwar echt gut an, doch, schaut man genauer hin, dann sind das nicht mehr als 0,15 Prozent der gesamten Einkommen. Dass es nicht mehr ist, hat in erster Linie damit zu tun, dass nur einer von fünf Haushalten hin und wieder für sogenannte gute Zwecke spendet, und zwar pro Haushalt im Schnitt 300 Euro pro Jahr. Das ist für diejenigen, die etwas geben, sicherlich nicht schlecht, auch wenn viele von ihnen zugeben, dass sie es nicht täten, wenn sie ihre Spenden nicht steuerlich absetzen könnten.
Eine andere Feststellung der Studie besagt, dass die Bereitschaft, etwas von seinem Wohlstand abzuzweigen, steigt, je höher das Einkommen ist, aber die weniger gut Betuchten geben prozentual mehr als die Besserverdienenden. Übrigens lässt die Gebefreudigkeit bei den Superreichen hierzulande ganz besonders zu wünschen übrig, denn von den 4.500 Steuerpflichtigen, die dem Fiskus über 250.000 Euro pro Jahr deklarieren, werden so gut wie keine Spendengelder steuerlich abgesetzt.
Die Untersuchung des Instituts für nachhaltige Entwicklung galt übrigens nicht nur dem gespendeten Geld, sondern auch der Zeit, die man bereit ist, den Mitmenschen zu widmen. Auch unter diesem Blickwinkel gibt es in Bezug auf Belgien nichts Rekordverdächtiges zu melden. Im Schnitt engagiert sich der Belgier nämlich genau 39 Minuten pro Woche für ehrenamtliche Aktivitäten. Das sind nicht mal fünf Prozent der Zeit, die er vor dem Fernseher verbringt.
Kurzum, ob es um Zeit oder Geld geht, die Gebefreudigkeit der Bevölkerung hält sich in Grenzen. Da ist nach oben hin sicherlich noch sehr viel Platz, doch sollte man sich diesbezüglich bei einer immmer egoistischer werdenden Gesellschaft wohl keinen Illusionen hingeben.